Wie klappt Innovation im Corporate Giant? Zu Gast bei "Leadership Revisited" von Martin Engelberg und Barbara Heitger war diese Woche Gerhard Zeiner, Chief Operating Officer bei SAP Österreich.

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Eine Mischung aus Alternativlosigkeit und Druck – von Kunden und Mitarbeitern – sei ausschlaggebend gewesen, dass bei SAP einige Hebel umgelegt worden seien, sagte Chief Operating Officer (COO) Gerhard Zeiner diese Woche bei der Veranstaltungsreihe "Leadership Revisited". "Wir wussten, dass die Digitalisierung mit den vielen von ihr verursachten Umbrüchen passiert – entweder man ist dabei und reagiert, oder nicht." Das Topmanagement reagierte schnell und formulierte die Ziele für den größten europäischen Softwarehersteller: Schritt halten und smarter, einfacher, agiler und vernetzter werden. Sowohl bei den Produkten als auch bei den Arbeitsabläufen und der Zusammenarbeit. "All das fordern wir im Alltag ja auch von diesen kleinen Dingern hier", sagt Zeiner und hält dabei ein Smartphone in die Luft. "Warum sollte das nicht auch für Unternehmen gelten?"

Erfolgsrezept: Ein frischer 70-Jähriger

Die große Herausforderung ist dabei natürlich die Größe des Unternehmens: Weltweit beschäftigte SAP Ende letzten Jahres knapp 77.000 Mitarbeiter, in Österreich sind es etwa 500. Als COO ist Zeiner bei SAP, wo er im November 2000 als Manager für Customer Care begann und seit 2006 Mitglied der Geschäftsleitung ist, auch für das Thema Innovation verantwortlich und erlebte die Transformationen in erster Reihe.

Maßgeblich für den Change im Unternehmen war Gründer Hasso Plattner – "ein unglaublich frischer 70-Jähriger", der ständig im Dialog mit Jungen sei, sagt Zeiner. Plattner war es, der Design-Thinking aus dem Silicon Valley in das Unternehmen trug. Die Methode sollte vor allem dafür dienen, neue Blickwinkel einzunehmen. Dieses neue Werkzeug sei der Anfang und das wichtigste Element für Innovation im Hause SAP gewesen. Obwohl es schon seit Jahren als Trend ausgerufen ist, arbeiten erst wenige Unternehmen mit dem Innovationsansatz.

Schnelle Erfolgserlebnisse

Das Ziel dabei ist, immer an die Anwender zu denken – Funktion und Wirkung sind zentral. Man kommt spielerisch auf Ideen, jeder kann sich via Post-it beteiligen und – ein weiterer wesentlicher Punkt – es werden Mitarbeiter verschiedenster Abteilungen zur Lösungsfindung hinzugezogen. "Natürlich gab es da verwunderte Reaktionen. Wir wurden von vielen ins Esoteriker-Eck gestellt", sagt Zeiner. Dabei handle es sich bei Design-Thinking aber keineswegs um ein lockeres "Zammsitzen und Zetterlpicken", denn am Ende müssen konkrete Ergebnisse präsentiert werden.

Damit das neue Credo im Unternehmen ankommt, war es wichtig, sogenannte "Frontrunner" zu haben, die so bald wie möglich Erfolgserlebnisse liefern, die andere motivieren sollten, ebenfalls mit Design-Thinking zu arbeiten. Der Plan ging auf.

Keine Alternative,...

Dass neue Lösungen, Produkte und Arbeitsformen auch in der Belegschaft großteils positiv angenommen werden, ist für Zeiner beinahe selbstverständlich: "Wenn es bei Produkten eine Totaltransformation gibt, wie dies bei uns durch die Digitalisierung passierte, dann muss es diese auch im Unternehmen geben, das diese Produkte vertreibt." Das sei allen klar gewesen. "Ein bisschen da- und dort anzupassen wäre viel zu wenig gewesen." Mit allen Ängsten habe man sich der Transformation gestellt, mit der neuen Sales-Academy neue junge Leute geholt, was für einen zusätzlichen Schub im Unternehmen sorgte.

... und eine neue Ungeduld

Bei Kunden, aber auch bei Mitarbeitern, habe sich nämlich eine "neue Ungeduld durch die neue digitale Welt" bemerkbar gemacht. Damit die Entwicklungsprozesse so kurz wie möglich gehalten werden konnten, setzte man bei SAP ab sofort auf Scrum, eine agile Methode des Zusammenarbeitens, bei der schnelle Lösungen im Vordergrund stehen. Hier werde alles vereint, sagt Zeiner, was früher bei einem großen Projekt nicht möglich gewesen sei, Konsens und Abstimmung mit Vorgesetzten müssten in diesem Projektzyklus nicht gegeben sein, die klassische Hierarchie werde herausgefordert.

Das Unternehmen sei auf gutem Weg, stecke aber sicherlich noch in der Investmentphase. "Als klassische Vertriebsorganisation müssen wir Ergebnisse bringen. Da ist es wichtig, dass vom Topmanagement immer wieder die Richtung vorgegeben wird." (lhag, 11.4.2016)