Manchen Untersuchungen zufolge dauert es nur sechs Sekunden, in anderen liest man von 15 – Personaler geben an, jedenfalls nicht länger als eine Minute zu brauchen: Die Rede ist vom Aussortieren der Bewerbungen. Nur ein kurzer Moment entscheidet, ob der Lebenslauf im Müll landet oder das Motivationsschreiben gelesen wird. Wie also überzeugen?

Bei erfahreneren Kandidaten sind natürlich die bisherige Arbeitserfahrung, die Position und die Ausübungsdauer von Bedeutung. Bei Absolventen und Jobeinsteigern liegt das Hauptaugenmerk stattdessen auf der Ausbildung und ob daneben schon erste Erfahrungen gesammelt wurden. Praktika oder Traineeships haben einen hohen Stellenwert. Bei einer Umfrage des Karrierecenters der WU Wien gaben die befragten Arbeitgeber außerdem an, dass die Studiendauer nicht ganz so wichtig ist: Die allermeisten stehen der Studiendauer "neutral" gegenüber – allen voran die Techniker. Unter den Arbeitgebern herrscht die Meinung vor, dass ein Einstieg ohne erste Erfahrungen nur schwer möglich ist.

Schlüsselwörter beachten

Das Beachten bestimmter Schlüsselworte ist besonders dann wichtig, wenn die erste Stufe des Auswahlverfahrens mit einem Computerprogramm bewerkstelligt wird. Diese Programme scannen demnach "gnadenlos" nach ihnen vorgegebenen Mustern sowie Worten und sortieren gnadenlos aus. Um nicht sofort durch das Raster zu fallen, ist es daher ratsam, den Lebenslauf und das Motivationsschreiben an die einzelnen Jobausschreibungen und darin vorgegebene Schlagwörter anzupassen.

Einig sind sich Personalverantwortliche auch darin, dass Rechtschreib- und Grammatikfehler ein absolutes No-Go sind. Laut einer Umfrage von Careerbuilder sind Tipp- und Rechtschreibfehler für 61 Prozent der Personal-Manager ein Knock-out-Kriterium. Auch schlechte Formatierung oder das falsche Format der Bewerbungsunterlagen können die Einladung zum Interview kosten.

Wichtig: Struktur

Karrieren, das war der allgemeine Tenor unter potenziellen Arbeitgebern bei den diesjährigen Karrieremessen an Unis, werden internationaler, wenn sie es nicht schon längst sind. Englisch – nicht zuletzt auch, weil es als Konzernsprache im deutschsprachigen Raum im Vormarsch ist – gehöre bei jedem Abschluss – in Wirtschaft, Technik wie Naturwissenschaften – zum Standardrepertoire eines jeden Jobsuchenden.

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Bei vielen Einstiegsjobs bewerben sich mehrere Hundert Absolventen für einen Job. Wie also herausstechen und überzeugen? Das wollen viele Studierende auf Karrieremessen und Zusammentreffen mit Personalern wissen. Das Interesse am Job und für das jeweilige Unternehmen sollte aus der schriftlichen Bewerbung bereits herausgehen und im Vorstellungsgespräch erneut betont werden. Vorteile habe dort auch, wer eine gut strukturierte Bewerbung – inklusive eines kreativen Motivationsschreibens – abliefert, statt sich hinter Allgemeinheiten zu verstecken, raten Human- Resources-(HR-)Experten.

Digital statt auf Papier

Bewerbungen via Post oder persönlich vorbeizubringen sei zwar kreativ, für die Bearbeiter aber ein Mehraufwand und nicht gerne gesehen. Punkten könne man aber, wenn man die Bewerbung an die zuständige Person richtet und formuliert und nicht an die ganze HR-Abteilung sendet. Und wenn dann keine Antwort kommt? Nachzufragen und sich zu erkundigen zeuge von Engagement und sei alles andere als unerwünscht, antworten HR-Experten bei einer Podiumsdiskussion. Allerdings müsse man schon ein paar Tage verstreichen lassen und nicht gleich am dritten Sturm klingeln.

Zurück zu den Berufserfahrungen: Geht ohne Praktikum wirklich gar nix? Natürlich nicht. Die Bewerber müssen in diesem Fall aber sehr gut argumentieren, was sie in ihrer Studienzeit gemacht haben, während andere gearbeitet haben. In Österreich sind mehr als die Hälfte aller Studierenden nebenbei berufstätig. Auch ein Neben- job könne zur erwünschten Erfahrung verhelfen.

Onlineprofile updaten

Dass Personalentscheider mittlerweile die Google-Suche beherrschen, dürfte auch bekannt sein, viele von ihnen scannen Social-Media-Profile, vor allem im fortgeschrittenen Bewerbungsprozess. Dafür gibt es wieder To-dos: die Informationen in den einzelnen Kanälen aufeinander abstimmen und aktuell halten. Keine Partyfotos als öffentliches Profilbild. Die perfekte virtuelle Person mit den angemessensten Hobbys und der korrektesten Erscheinung dürfte aber auch eine Falle sein: Die Feuerprobe passiert analog. Da sollten Fleisch und Blut halten können, was im Netz versprochen wurde.

Und wenn die erste Hürde geschafft ist und man im Vorstellungsgespräch Platz nehmen darf? Hier geht es vor allem um Ihre Persönlichkeit und um die Chemie der beteiligten Personen. Ein Vorstellungsgespräch sollte nie als eine Einwegkommunikation verstanden werden, wo Personaler die Bewerber nur mit Fragen bombardieren – diese sollten ebenfalls mit Fragen und Anliegen eine aktive Rolle übernehmen, damit auch sie sich ein Bild über das Unternehmen als potenziellen Arbeitgeber machen.

Persönlichkeit zeigen

Wie auch im Lebenslauf und dem Motivationsschreiben geht es um Authentizität. Empfehlenswert ist etwa, bereits erlebte Beispiele einzubauen – sei es im beruflichen oder im privaten Kontext – und dadurch die genannten Eigenschaften, die man dem Gegenüber im Gespräch mitgeben will, zu belegen. Sich zu verstellen bringt jedenfalls nicht viel: Spätestens zu Beginn des Dienstverhältnisses wird sich die wahre Persönlichkeit zeigen. Auch Sinn für Humor komme gut an, sagen viele HR-Verantwortliche. Bekommt man fachliche Fragen, die man nicht beantworten kann, sollte man einen kühlen Kopf bewahren – oft geht es im Gespräch nur darum, die Denkmuster der Kandidaten kennenzulernen. (Lara Hagen, 12.4.2016)