Ankara/London – Die Türkei und Israel stehen nach türkischen Angaben kurz vor der Normalisierung ihrer jahrelang stark angespannten Beziehungen. Bei Beratungen in London seien Fortschritte erzielt worden, erklärte das Außenministerium in Ankara am Freitag. Ein entsprechendes Abkommen werde beim nächsten Treffen, das "sehr bald" einberufen werde, "zum Abschluss gebracht", hieß es in der Erklärung. Das israelische Außenministerium wollte auf Nachfrage keine Stellungnahme abgeben.

An den Gesprächen in London waren laut Ankara von türkischer Seite der Staatssekretär im Außenamt, Feridun Sinirlioglu, auf israelischer Seite der Sondergesandte Joseph Cietschanover, sowie der Interimspräsident des Nationale Sicherheitsrates, General Jacob Nagel, beteiligt.

Die Beziehungen beider Länder sind seit 2010 angespannt. In mehreren Gesprächsrunden hatten beide Seiten zuletzt eine schrittweise Wiederannäherung erreicht. So wurde bei einem Treffen in Genf im Dezember nach israelischen Angaben vereinbart, dass Israel Entschädigungen für die türkischen Opfer zahlt, die 2010 bei der Erstürmung der Gaza-Hilfsflottille durch die israelische Armee getötet worden waren. Im Gegenzug sollte Ankara alle Klagen gegen Israel einstellen.

Bei der Erstürmung der "Mavi Marmara", des türkischen Führungsschiffs der Gaza-Hilfsflottille, hatte ein israelisches Kommando Ende Mai 2010 neun Türken getötet. Ein weiterer Türke starb nach fast vier Jahren im Koma. Der Konvoi aus insgesamt sechs Schiffen mit Aktivisten aus mehreren Ländern sollte Hilfsgüter für Palästinenser in den von der Hamas regierten Gazastreifen bringen.

Seit dem Vorfall befanden sich die einst engen türkisch-israelischen Beziehungen auf einem Tiefpunkt. Ankara verwies den israelischen Botschafter des Landes, setzte die militärische Zusammenarbeit mit Israel aus und verlangte eine förmliche Entschuldigung sowie ein Ende der Blockade des Gazastreifens. Israel verteidigt diese mit dem Argument, dass auf dem Seeweg Waffen an die Hamas gelangen könnten.

Unter dem Druck der USA entschuldigte sich der israelische Regierungschef Benjamin Netanyahu Ende März 2013 bei seinem damaligen türkischen Kollegen Recep Tayyip Erdogan für den tödlichen Angriff. 2014 ordnete ein Gericht in Istanbul die Festnahme ehemaliger israelischer Generäle wegen des Angriffs auf die "Mavi Marmara" an. Im Oktober vergangenen Jahres strengte die Familie eines der zehn Todesopfer, das die US-Staatsbürgerschaft hatte, eine Klage gegen Ehud Barak an, der bei dem Angriff Israels Ministerpräsident und Verteidigungsminister war. (APA, 8.4.2016)