Die Gletscher schmelzen weiter.

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Innsbruck – Spätestens in 90.000 Jahren ist alles wieder wie früher. "Da werden wir die nächste Eiszeit erleben", sagt die Glaziologin Andrea Fischer, Leiterin des Gletschermessdienstes des Alpenvereins. Bis dahin verheiße die Zukunft für die seit Jahrzehnten kontinuierlich zurückgehenden Eisriesen allerdings wenig Gutes: "Die Gletscher werden deutlich kleiner werden. Wir wissen es nicht sicher, vielleicht verschwinden sie vorerst vollkommen."

Vor allem das vergangene Jahr hat den heimischen Eisfeldern ordentlich zugesetzt, das zeigt der am Freitag in Innsbruck präsentierte Gletscherbericht des Alpenvereins. "Der Sommer 2015 war um mehr als zwei Grad Celsius wärmer als im langjährigen Mittel. Lange andauernde Hochdrucklagen und das Ausbleiben sommerlicher Schneefälle, das sind die Zutaten für ein viel zu warmes Messjahr und damit Grund für die aktuellen Gletscherrückgänge", erklärt Fischer.

Auswirkungen der Schmelze

Von den 92 in Österreich beobachteten Gletschern sind 88 zurückgeschmolzen, drei davon sogar mehr als hundert Meter. Drei Eisfelder sind stationär – also weitgehend unverändert – geblieben, nur eine Gletscherzunge konnte der Hitze trotzen: Das Winkelkees in der Ankogel-Hochalmspitz-Gruppe in den Hohen Tauern ist um rund fünf Meter vorgestoßen. Die Anzahl der stationären Gletscher hat sich somit gegenüber dem Vorjahr halbiert. Insgesamt werden rund zehn Prozent der heimischen Gletscher vermessen.

Doch was für Auswirkungen hat die große Schmelze? "Das Eis geht zurück, darunter kommt Schutt hervor, das kann zu Steinschlag oder Vermurungen führen", sagt Fischer. Darüber hinaus taue der Permafrostboden auf, was "Massenbewegungen" auslöse. Andererseits: "Tiere finden neue Lebensbedingungen und erobern diese Flächen zurück", erläutert die Gebirgsforscherin.

Versorgungsprobleme

Auf anderen Erdteilen könne der Rückgang der Gletscher allerdings auch Versorgungsprobleme nach sich ziehen. "In Nordindien spielt das Gletscherwasser beispielsweise eine wichtige Rolle in der landwirtschaftlichen Bewässerung. Auch in Gebieten nahe den tropischen Gletscherregionen in den Anden ist durch das Schmelzen der Eisriesen die Versorgung gefährdet", sagt Fischer.

Vermessungen werden vom Alpenverein mittlerweile seit 125 Jahren vorgenommen. Durchgeführt werden sie vor allem auch durch ehrenamtliche Helfer – die sogenannten Gletscherknechte. (Katharina Mittelstaedt, 9.4.2016)