Foto: APA/MICHAEL WALCHER

Wien – Gebannt haben alle Involvierten und Interessierten darauf gewartet, am Sonntag war es dann so weit: Österreich hat seinen ersten Haircut. Um 16 Uhr hat Heta-Abwicklerin FMA ihren Mandatsbescheid erlassen, der die Gläubigerbeteiligung (Bail-in) samt Schuldenschnitt vorsieht.

Die Eckpunkte der auf Homepage der Finanzmarktaufsicht (FMA) veröffentlichten Entscheidung: Die Gläubiger müssen auf 53,98 Prozent ihrer Forderungen verzichten. Nachrangige landesbehaftete Forderungen werden zur Gänze geschnitten; sie sind 900 Millionen Euro schwer. Die Gläubiger müssen also in Summe auf 6,4 Milliarden Euro verzichten.

Fälligkeit auf 2023 verschoben

Zudem werden die Forderungen vereinheitlicht: Die Fälligkeiten aller Anleihen werden erstreckt; die Forderungen werden Ende 2023 fällig. Davor sind "freiwillige" Ausschüttungen möglich, je nach Vermögenszustand der Heta und Rechtslage. Hintergrund: Schon 2017 wären sehr viele Anleihen fällig geworden. Würde die Heta sie bedienen (wenn sie das Geld dafür überhaupt hätte), würde das letzlich die Gefahr der Gläubigerungleichbehandlung bergen.

Dritter Punkt im Abwicklungspaket: Gestrichen sind auch alle Zinsen ab März 2015, als die Heta zum Abwicklungsfall gemäß Bankensanierungs- und Abwicklungsgesetzes (BaSAG) wurde. Das Gesetz ist seit 2015 in Kraft.

Eigentümerrechte für FMA

Mit dem Schuldenschnitt hat die FMA die völlige Kontrolle über die Heta bekommen. Sie übernimmt nun auch die Eigentümerrechte, die bisher die Republik ausgeübt hat. Das heißt: Die FMA übt die Stimmrechte in der Hauptversammlung aus, bestellt die Aufsichtsräte usf.

Das nun verordnete Maßnahmenbündel ist der zweite Schritt für die "geordnete Abwicklung". Ihr Ziel: Die Heta soll zahlungsfähig bleiben und am Ende ihrer Abwicklung soll keine Lücke bleiben, für die dann erst recht wieder der Steuerzahler bluten müsste.

Der Mandatsbescheid gilt ab sofort, die Betroffenen können Rechtsmittel bei der FMA einbringen. Daraus resultierende Einzelbescheide können sie dann beim Bundesverwaltungsgericht bekämpfen. In die Abwicklung selbst können die Gläubiger also nicht eingreifen, allenfalls aber Schadenersatz gegen die Behörde geltend machen. Grund dafür: Die Abwicklung soll möglichst rasch durchgeführt werden.

Klagen gegen Kärnten

Rechtlich bewegt man sich auf völlig neuem Terrain, eine Klagsflut ist jedenfalls zu erwarten. Und da ist eines jetzt schon sicher: Der Haircut wird Kärnten in die Bredouille bringen. Die Gläubiger mit landesbehafteten Forderungen (rund elf Milliarden Euro) werden das Land klagen, selbiges wird wohl argumentieren, dass die Haftungen erst nach dem Ende der Heta-Abwicklung schlagend werden – also, wenn man weiß, ob und wie viel Geld übrig ist.

Das hängt eben auch vom Versilberungserfolg der Heta ab. Angekündigt hat die einen Erlös von rund 6,3 Milliarden Euro, es dürfte aber in Richtung sieben Milliarden gehen. Denn der Abbau läuft angeblich besser als erwartet, laut Informationen des STANDARD hat die Gesellschaft derzeit je zwei Milliarden Euro an Forderungen an Kunden und Banken – und rund fünf Milliarden Euro in Cash.

Riesenloch

Der erste Abwicklungsschritt erfolgte am 1. März 2015: Da landete die Abwicklungsgesellschaft Heta Asset Resolution AG im BaSAG und damit unter den Fittichen der Abwicklungsbehörde FMA. Mit dem BaSAG wurde jene EU-Richtlinie umgesetzt, mit der man erreichen will, dass bei Bankpleiten nicht nur Staat und Steuerzahler zur Kasse gebeten werden, sondern auch Gläubiger.

Unmittelbarer Anlass: Am 2. März 2015 wäre ein Schuldschein über 25 Mio. Euro fällig geworden, die Heta hätte nicht zahlen können. Und ein Gutachten hatte ergeben, dass erneut Abschreibungsbedarf von bis 8,7 Mrd. Euro bestehe und nach dem Heta-Abbau ein Loch von 7,6 Mrd. Euro drohe.

Gebot der Gleichbehandlung

Der Staat wollte nicht mehr einspringen, die Insolvenz sollte verhindert werden, also wurde der Notausgang BaSAG gewählt. Voraussetzung für Haircut wie gesamte Abwicklung: Die Gläubiger müssen gleichbehandelt werden und dürfen nicht schlechter aussteigen als bei einer Pleite.

Allerdings ist die Überstellung der Heta ins BaSAG umstritten: Schließlich war sie seit Herbst 2014 keine Bank mehr; dass sie trotzdem unters Dach des BaSAG bugsiert werden konnte, wurde in letzter Minute der Gesetzwerdung ermöglicht. Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof dazu sind anhängig. Die FMA hat dann am 1. März 2015 ein Zahlungsmoratorium bis zum 31. Mai verfügt. Betroffen davon waren Schulden von mehr als elf Mrd. Euro.

Überbleibsel werden verteilt

In dem Jahr, das seither vergangen ist, haben die Abwickler den Vermögensstand der Heta eruiert und den Abwicklungsplan erstellt. Zentrale Frage: Wie hoch muss der Schuldenschnitt ausfallen, damit nach Abwicklung keine Lücke bleibt. Diese Antwort ist nun auf dem Tisch.

Die Gesamtverbindlichkeiten der Heta gibt die FMA mit 17,6 Mrd. Euro an, das Vermögen der Abbaueinheit mit 9,6 Milliarden – macht eine rechnerische Überschuldung von acht Milliarden. Wäre die Heta insolvent geworden, dann wäre die Erfüllungsquote bei 34,8 Prozent gelegen, gemäß nunmehriger Abwicklung seien es 46,02 Prozent. In absoluten Zahlen ausgedrückt brächte die Abwicklung gemäß FMA um 1,4 Mrd. Euro mehr als die Insolvenz.

Und was passiert, wenn dank Schuldenschnitt am Endes des Tages Geld überbleibt? Dann wird aufgewertet, das heißt, die Überbleibsel werden unter den geschnittenen Gläubigern aufgeteilt. (Renate Graber, 10.4.2016)