Bei einer Fälschung schlägt die App "CheckIfReal" Alarm.

Foto: Patrick Pleul

Salzburg/Wien – Alles begann mit der Antibabypille. Thomas Weiß saß mit Freunden beisammen, als einer von ihnen erzählte, seine Freundin habe "die Pille" erstmals online bestellt. "Als er gefragt wurde, ob es sich um eine Fälschung handeln könnte, wurde er ganz blass", lacht Weiß.

Doch das Thema ließ auch ihn nicht mehr los. Konsumenten eine Möglichkeit zu bieten, selbst Fälschung und Originalprodukt zu unterscheiden, erschien ihm eine hervorragende Geschäftsidee. Kurze Zeit später meldete er sein erstes Patent an und holte Jürgen Mathwich ins Boot, wie er Absolvent der FH Salzburg.

Zwei Jahre Forschung

Das daraus entstandene Start-up Authentic Vision könnte die Identifikation von Produktplagiaten revolutionieren. Aus einem Etikett, einer Smartphone-App und einer Datenbank wurde eine wirksame Waffe gegen Produktfälschungen geschaffen: Das Etikett, bedruckt mit einer Kombination aus verschlüsseltem QR-Code und einem zufällig generierten Hologramm, wird mit der App CheckIfReal gescannt und online mit einer Datenbank abgeglichen. Bei einem Plagiat schlägt die App Alarm, bei einem Originalprodukt erscheint ein grünes Häkchen und ein Link zur Herstellerwebsite.

Zwei forschungsintensive Jahre hat es gedauert, die Technologie marktreif zu machen. Dass er zuvor Kryptologie an der FH Salzburg unterrichtet hatte, kam ihm dabei sicher zugute, sagt Jungunternehmer Weiß.

Schutz gegen Nachahmer

Mit etwa zehn Patenten schützt sich das 2011 gegründete Unternehmen derzeit gegen Nachahmer, weitere sind in Arbeit. Denn, sagt Weiß: "Eine solche Technologie gab es vorher nicht." Es gebe zwar ähnliche Ansätze, diese böten aber nicht dieselbe Sicherheit. Auch Geschäftsführer Chris Reiser bekräftigt, bisher existierende Lösungen seien leicht kopierbar oder mit höheren Kosten verbunden. Reiser war die letzten 15 Jahre im Vorstand von Sony. Eigentlich hatte der 60-Jährige vor, in Pension zu gehen, als er die Gründer von Authentic Vision kennenlernte. Stattdessen unterstützt er diese nun mit seiner Erfahrung.

Der Gesamtpreis, den ein Hersteller zahlt, setzt sich aus einer Einmalzahlung, den Etikettenkosten und einer monatlichen Gebühr für die Nutzung des App-Reportings zusammen. Denn die App speist bei jedem Scan Informationen in eine Datenbank. Festgehalten werden unter anderem Ort und Zeitpunkt des Scans sowie welches Produkt gescannt wurde.

Zwei forschungsintensive Jahre hat es gedauert, die Technologie bestehend aus Etikett, Smartphone-App und Datenbank marktreif zu machen. Hier wird erklärt, wie sie funktioniert.
Authentic Vision

Investoren aus Silicon Valley

Rund zwei Millionen Euro hat die Entwicklung der Technologie gekostet. Finanzielle Unterstützung erhielt das Start-up unter anderem vom Business Creation Center Salzburg, dem Austria Wirtschaftsservice und der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft. Aber auch in Silicon Valley fand man Investoren: Mitglieder der Dolby Family Ventures, einer Beteiligungsgesellschaft des bekannten US-Konzerns, sitzen sogar im Vorstand von Authentic Vision. "Mit dem Einstieg der Dolby Family Ventures begann die Umstrukturierung hin zu einem internationaleren Unternehmen", sagt Weiß.

Derzeit beschäftigt Authentic Vision etwa 20 Mitarbeiter in Salzburg und 25 weitere in der ganzen Welt, vor allem in den USA und Südamerika. Letztere arbeiten vor allem auf Kommission und sind für die Geschäftsanbahnung zuständig. Dies ist auch notwendig für die ambitionierten Ziele des Jungunternehmens: In zehn Jahren möchten die Salzburger weltweit Marktführer für mobile Authentifizierung sein.

Halbe Million Etiketten

Den ersten globalen Kunden hat das Unternehmen schon an Land gezogen. Seit vergangenem Jahr werden die Premium-Kabel von etwa 30 Herstellern nicht nur von HDMI zertifiziert, sondern auch mit dem Authentic-Vision-Etikett ausgestattet, um Fälschungen zu verhindern.

Mehr als eine halbe Million Etiketten wurden bereits geliefert, der bisherige Umsatz beläuft sich laut Reiser auf "mehrere Hunderttausend Euro". Derzeit wird mit der italienischen Guala Closure Group, Weltmarktführer für Sicherheitsverschlüsse, an einer fälschungssicheren Verschlusskappe für Olivenöl gearbeitet.

Eines Tages könnten dann auch Antibabypillen fälschungssicher gemacht werden: Laut Reiser sind langfristig auch Kooperationen mit der Pharmaindustrie geplant. (Elena Pramesberger, 11.4.2016)