Viel Druck auf den ägyptischen Staatsanwalt Mustafa Suleiman.

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Italien wirft den ägyptischen Behörden vor, bei der Aufklärung des gewaltsamen Todes von Giulio Regeni nicht genug zusammenzuarbeiten. Die italienischen Ermittler beklagten einmal mehr, dass sich ihre extra aus Kairo nach Rom angereisten ägyptischen Kollegen immer noch weigern würden, die Handydaten des Opfers herauszurücken. Laut dem Staatsanwalt Mustafa Suleiman sei das aber nicht möglich, ohne ägyptische Gesetze und die Verfassung zubrechen; man habe die italienischen Forderungen "zu 98 Prozent" erfüllt, versicherte er laut Berichten am Wochenende. Von Rom habe man hingegen bisher wenig Kooperation gesehen.

Die Ermittlerteams hatten sich Ende vergangener Woche in Italiens Hauptstadt getroffen, um Ergebnisse auszutauschen. Aus Sicht der Italiener handelte es sich bei dem Informationsaustausch aber bloß um eine weitere Farce, nachdem sie von Kairo schon seit Ende Jänner unglaubwürdige Erklärungen erhalten hätten.

Freitagabend rief dann Außenminister Paolo Gentiloni den Botschafter in Kairo, Maurizio Massari, zu Konsultationen nach Rom zurück und twitterte: "Wir wollen nur eine einzige Sache: die Wahrheit über Giulio Regeni." Premier Matteo Renzi sekundierte: "Italien hat eine Verpflichtung gegenüber der Familie Regeni – im Gedenken an Giulio, aber auch wegen der Würde von uns allen."

Der 28-jährige Sozialwissenschafter war am 25. Jänner in Kairo verschwunden und am 3. Februar am Stadtrand tot aufgefunden worden. Der Körper war übersät mit massiven Folterspuren: abgeschnittene Ohren, Brandspuren ausgedrückter Zigaretten auf der Haut, ausgerissene Finger- und Fußnägel, gebrochene Beine und Schultern. Innenminister Angelino Alfano zeigte sich schockiert von der zugefügten "unmenschlichen und animalischen Gewalt".

Regeni hatte an der Amerikanischen Universität in Kairo an einer Doktorarbeit über die unabhängigen Gewerkschaften Ägyptens gearbeitet und über die politische Lage im Land berichtet – von Anfang an gab es daher in Rom den Verdacht, dass der junge Forscher von der Kairoer Staatssicherheit entführt und zu Tode gefoltert worden sei.

Rom betont zwar, dass die diplomatischen Kanäle nach Kairo noch nicht vollständig unterbrochen seien und dass die Ermittlungen weitergingen; dennoch wird die "Causa Regeni" immer mehr zu einer Belastung. Das EU-Parlament hat in einer Resolution bereits festgehalten, "dass der Fall Giulio Regeni kein Einzelfall ist" und den Stopp aller Waffenlieferungen nach Kairo verlangt.

Reisewarnung droht

In Rom wird derweil über eine Reisewarnung für das nordafrikanische Land spekuliert. Seit dem Verbrechen an ihrem Landsmann ist die Zahl der italienischen Feriengäste bereits um 90 Prozent zurückgegangen. Eine offizielle Reisewarnung könnte auch für nichtitalienische Touristen Signalwirkung haben und die Krise in dem für Ägypten lebenswichtigen Tourismussektor noch weiter verschärfen. (Dominik Straub aus Rom, 10.4.2016)