Rapid-Ikone Peter Schöttel macht in Grödig eine Erfahrung, die er gerne missen würde: "Der Abstiegskampf ist mühsam, geht an die Substanz. Aber wir leben noch."

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Wien – Peter Schöttel lehnt Kampfansagen ab. Ist man Trainer des SV Grödig, neigt man nicht zur Großmauligkeit, zum Übermut. Wobei der 49-jährige Schöttel auch als Rapid-Coach zurückhaltend gewesen ist. "Das ist mein Naturell." Am Samstagabend hat das souveräne Schlusslicht tatsächlich ein Fußballspiel gewonnen. Die Austria wurde auswärts 2:0 besiegt. Robert Almer, der Tormann der Verlierer, sagte übrigens, "dass wir auf diese Leistung aufbauen können". Die Austria macht keine unoriginelle Phase durch, obwohl Almer gar nicht so falsch gelegen ist. Bis zum 0:1 in der 58. Minute wurden sechs bis acht hochkarätige Chancen vergeben. Schöttel: "Grödig braucht eben Glück – und einen herausragenden Tormann." René Swete heißt er.

An Grödigs Lage hat sich wenig geändert, da Ried mit dem 1:0 gegen Mattersburg den Vorsprung von sechs Punkten wahrte. Schöttel: "Es muss viel passieren, dass wir einen überholen. Aber es war ein Zeichen an uns selbst. Und vielleicht an die Konkurrenz. Wir leben noch." Das sei keine Kampfansage, nur eine Feststellung.

Den Mechanismen zum Trotz

In Grödig funktionierten zuletzt nicht einmal die üblichen Mechanismen. Was wiederum Schöttel schätzt. "Denn ich wurde nicht gefeuert." Elf sieglose Partien in Serie (neun Niederlagen) führten zu keiner intensiven Trainerdiskussion. Manager Christian Haas hatte die Lage genau beobachtet. "Die Chemie stimmt, mir ist absolut nichts Negatives aufgefallen."

Schöttel macht nun eine fast vergessene Erfahrung. "Wir müssen nichts verarbeiten, müssen nicht traurig sein." Wobei die Mannschaft mit dem Jammer der vergangenen Monate professionell umgegangen sei. "Ab Dienstag haben die Augen im Training wieder geleuchtet, es kehrte die Hoffnung zurück. Diesmal ist sie schon da." Grödig ist eigentlich ein passables Schlusslicht. Nie hat man mehr als drei Gegentreffer kassiert, davon kann sogar Rapid nur träumen. "Wir wurden oft für ganz gute Leistungen nicht belohnt. Aber das ist egal, auch wir müssen akzeptieren, dass der Fußball ergebnisorientiert ist."

Wunschabtseiger

Der Trainer weiß, dass der Nation das Schicksal von Grödig wurscht ist. Kaum Zuschauer, das Image vom Dorfklub, den keiner braucht, werden die Salzburger nicht los. "Wir sind der Wunschabsteiger. Auch das muss man als Spieler erst einmal wegstecken. Im Unterbewusstsein mag das eine Rolle spielen. Jeder will doch geliebt werden. Die Leute wissen gar nicht, wie viel Herzblut da drinnensteckt." Schöttel bezieht sich auf das Engagement der Familie Haas. "Leidenschaft pur. Was können die dafür, dass Traditionsklubs wie der LASK oder Wacker Innsbruck es nicht schaffen. Grödig soll nicht verschwinden."

Das widerliche Abstiegsgespenst schwebt also über Schöttel. "Eine Erfahrung, die man eigentlich nicht braucht." Er selbst habe sich mehrmals hinterfragt. "Vielleicht war der eine oder andere Austausch schlecht." Möglicherweise sei die Mannschaft in manchen Phasen zu brav, zu inkonsequent, vielleicht fehle die Hierarchie. "Altach hat zum Beispiel als Mitreißer den Hannes Aigner. So einen haben wir nicht. Trotzdem sind meine Spieler absolut bundesligatauglich." Im Kader stehen übrigens nur drei Legionäre.

Plan B

Haas hat natürlich einen Plan B parat. "Mit Grödig würde es auch im Falle des Abstiegs weitergehen. Ich weiß nicht, was wir falsch machen, warum uns niemand mag. Wir sind 2013 sportlich aufgestiegen, wo liegt das Problem?"

Es sei eine merkwürdige Meisterschaft, sagt Schöttel, dessen Vertrag nur im Falle des Klassenerhalts gilt. "Alle bis auf die Admira erfüllen die Erwartungen nicht." Grödig gastiert am Samstag bei der Admira, die Austria hat am Sonntag das Derby gegen Rapid zu bestreiten. Auf eine Kampfansage verzichtet Schöttel. "Es reicht völlig, dass wir noch leben." (Christian Hackl, 11.4.2016)