Schon vergangenes Wochenende hatten tausende Menschen vor dem Parlament in Warschau gegen striktere Abtreibungsregelungen demonstriert.

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Warschau – Tausende Menschen haben in Polen erneut gegen Pläne für eine Verschärfung des Abtreibungsgesetzes demonstriert. Ein parteiübergreifendes Frauenbündnis hatte zu dem Protest am Samstag in Warschau aufgerufen. Auch in anderen Städten Polens gingen am Samstag und Sonntag Menschen dagegen auf die Straße. In sozialen Medien haben sich bereits mehr als 87.000 Menschen dem Bündnis angeschlossen.

Sowohl die nationalkonservative Regierungschefin Beata Szydlo als auch ihr Parteichef Jaroslaw Kaczynski hatten Unterstützung für den Gesetzesentwurf einer Bürgerinitiative bekundet. Eine Demonstrantin hielt am Samstag ein Bild Szydlos in die Höhe mit der Aufschrift: "In der Hölle ist ein besonderer Platz für Frauen, die andere Frauen nicht unterstützen."

Unzureichend Zugang zu Empfängnisverhütung

Die Demonstranten, unter ihnen viele junge Frauen, aber auch Familien mit Kindern, verlangen dagegen eine Liberalisierung des Abtreibungsrechtes. "Wir sind hier auch für die jungen Frauen aus kleinen Städten. Frauen ohne das Geld, einen sicheren Schwangerschaftsabbruch in Deutschland oder einem anderen Land vornehmen zu lassen", sagte eine Sprecherin des Frauenbündnisses.

Auch mangelnde Sexualerziehung und unzureichender Zugang zu empfängnisverhütenden Mitteln gerade für Minderjährige trügen zu ungewollten Schwangerschaften bei. Am Rande der Veranstaltung wurden mehr als 5.000 Unterschriften für eine Gesetzesinitiative für ein liberaleres Abtreibungsgesetz gesammelt.

Schätzungen zufolge lassen bis zu 100.000 Polinnen jährlich illegal oder im Ausland abtreiben. Im vergangenen Jahr gab es weniger als 1.000 legale Schwangerschaftsabbrüche.

Kirche unterstützt Regierung

Schon vergangenes Wochenende hatten tausende Menschen vor dem Parlament in Warschau gegen striktere Abtreibungsregelungen demonstriert. Die rechtskonservative Regierungspartei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) und die katholische Kirche in Polen unterstützen den Entwurf mehrerer Organisationen für eine Verschärfung des Abtreibungsrechts. Um vom Parlament beraten zu werden, sind 100.000 Unterschriften von Bürgern erforderlich. Gegner einer Verschärfung wollen mit einer eigenen Petition ebenfalls 100.000 Unterschriften für eine Liberalisierung der Abtreibungsregelungen erreichen.

Das in Polen geltende Abtreibungsrecht ist bereits sehr restriktiv. Es erlaubt Schwangerschaftsabbrüche nur in drei Fällen: bei einer Bedrohung für Leib und Leben der Mutter, einer festgestellten irreversiblen schweren Schädigung des Embryos sowie bei einer durch Vergewaltigung oder Inzest herbeigeführten Schwangerschaft. Die geplanten verschärften Regeln wollen nur noch die Lebensgefahr für die Frau als Abtreibungsgrund gelten lassen. Statt mit bisher zwei Jahren soll illegale Abtreibung mit fünf Jahren Gefängnis bestraft werden. (APA, 10.4.2016)