Bregenz/Innsbruck/Eisenstadt/Graz/Klagenfurt/Wien – "Optimal war diese Geschichte sicher nicht", sagt der Vorarlberger VP-Geschäftsführer Dietmar Wetz zur jüngsten Personalrochade zwischen Johanna Mikl-Leitner und Wolfgang Sobotka. Suboptimal sei der Zeitpunkt so kurz vor der Bundespräsidentschaftswahl. Natürlich dürfe Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll den für ihn geeigneten Zeitpunkt für sein Nachfolgeregelung bestimmen, sagt Wetz, "da würden wir uns in Vorarlberg auch nicht dreinreden lassen". Aber 14 Tage vor der Bundespräsidentenwahl, das sei nicht unbedingt Rückenwind. Zur Stärkung des Bundesparteiobmanns habe Prölls Vorgangsweise nicht beigetragen.

Burgenland: "Später wäre es auch recht gewesen"

Das Burgenland ist in der ÖVP so etwas wie das Gegenteil von Niederösterreich: keine Hochburg. Es verwundert also nicht, dass in Eisenstadt der Umstand, not very amused zu sein, nur hinter den Sitzungstüren zu hören war. Unmutig machte die pannonischen Schwarzen vor allem der Zeitpunkt. "Drei Wochen später wäre es auch recht gewesen", meinte einer zum STANDARD.

Offiziell sagt Landeschef Thomas Steiner: "Mikl-Leitner hat wichtige Schritte in der Asylpolitik gesetzt. Die von ihr vorgegebene Linie ist mittlerweile auch die Linie der SPÖ. Landesrat Wolfgang Sobotka wird diesen Weg durch seine langjährige politische Erfahrung erfolgreich fortführen."

Platter zeigt "Verständnis"

Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) hat "Verständnis" für die Entscheidung Mikl-Leitners, wieder in ihr Heimatbundesland zurückzukehren: "Sie hat nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass ihr Niederösterreich sehr am Herzen liegt. In einer herausfordernden Zeit hat sie das Innenministerium mit großem Engagement geführt und dabei eine enge Zusammenarbeit mit den Bundesländern gepflegt." Wichtig sei nun, dass ihre Politik "konsequent weitergeführt" werde. Wolfgang Sobotka bringe dafür das "richtige Rüstzeug" mit.

Platter, als Tiroler Finanzreferent Sobotkas Amtskollege, kennt den designierten Innenminister sehr gut. Dass Sobotka als eher ungemütlich gilt, wird in der Tiroler ÖVP als Pluspunkt erachtet, heißt es dort.

Steirisches Schweigen

Der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer wollte zum Wechsel in der Regierungsmannschaft keinen Kommentar abgeben. Auch der für gewöhnlich für seine rhetorische Brillanz bekannte steirische ÖVP-Landesrat Christopher Drexler gab sich am Montag ungewöhnlich wortkarg. Auf Nachfrage des STANDARD, was er von der in Niederösterreich losgetretenen ÖVP-Rochade halte, wollte er nur einen Satz sagen: "Ich wünsche der Hanni Mikl-Leitner für Niederösterreich alles Gute!" Weiter wollte er den Abgang der Innenministerin nicht kommentieren.

Ganz anders der ÖVP-Chef und Landesrat Christian Benger in Kärnten, der dem STANDARD wortreich erklärt, wie gut er die Entscheidung von Mikl-Leitner verstehe: "Sie hat seit dem Sommer 24 Stunden am Tag vier Bodyguards um sich gehabt, ich akzeptiere ihre ganz persönliche Entscheidung völlig." Persönliche Entscheidung? Ob er sich da ganz sicher sei? "Ja, sie hat mir gegenüber schon im Februar bei einem Besuch in Kärnten angedeutet, dass sie gerne nach Niederösterreich zurück will." Er persönlich bedauere ihren Abgang natürlich auch, streut Benger der Ministerin Rosen hinterher: "Sie kann hoch erhobenen Hauptes ein gut geführtes Amt übergeben."

Salzburg und Oberösterreich gelassen

Aus der Salzburger ÖVP heißt es man bedauere, dass Innnenministerin Mikl-Leitner aufhört, es habe immer eine gute Zusammenarbeit gegeben. "Dem neuen Minister wünschen wir viel Erfolg und alles Gute für die herausfordernden Tätigkeiten", sagte ein Sprecher von Wilfried Haslauer. Der Salzburger Landeshauptmann sei rechtzeitig über den Wechsel informiert worden. Über den Zeitpunkt des Wechsels sei man nicht verärgert. Der Bundespräsidentenwahlkampf und die Personalrochade hätten nichts miteinander zu tun.

Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) sieht die Chancen von ÖVP-Präsidentschaftskandidat Andreas Khol durch die Rochade im Innenministerium nicht beeinflusst. "Ich kann nicht verstehen, wie mich das beeindrucken soll, ob ich für Kandidat A, B oder C bin, wenn die ÖVP den Innenminister austauscht", meinte Pühringer am Montag am Rande einer Pressekonferenz in Wien.

Dass Innenministerin Johanna Mikl-Leitner zurück nach Niederösterreich kehren werde, sei ja "kein Geheimnis" gewesen. "Und es war auch kein Geheimnis, dass sie in einem Szenario einer späteren Nachfolge von Erwin Pröll neben anderen eine wichtige Rolle spielen wird." Auf den Zeitpunkt der Rochade zwei Wochen vor der Bundespräsidentwahl angesprochen, sagte Pühringer: "Über den Zeitpunkt kann man immer reden, aber ich sehe hier keinen Konnex. Das ist nicht das Thema."

Wiener Parteichef Blümel weist Kritik zurück

Der Wiener ÖVP-Chef Gernot Blümel sprach einen "riesengroßen Dank an Johanna Mikl-Leitner" aus. "Mittlerweile ist nicht nur die Bundesregierung auf ihre Linie in der Flüchtlingsfrage eingeschwenkt, sondern ganz Europa." Sobotka werde die Arbeit Mikl-Leitners "konsequent und gut fortsetzen". Kritik am innerniederösterreichischen Postenwechsel wies Blümel zurück. "Es gab einen einstimmigen Beschluss." Der Wechsel Mikl-Leitners sei "seit langem geplant" gewesen.

Überraschendes Lob von Schelling

ÖVP-Nationalratsklubchef Reinhold Lopatka lobte den designierten Ressortchef Wolfgang Sobotka als "Profi", der nahtlos an die Politik von Johanna Mikl-Leitner anschließen werde. Auch Finanzminister Hans Jörg Schelling sieht der Zusammenarbeit freudig entgegen.

Letzteres mag überraschen, gelten doch der Finanz- und der neue Innenminister nicht unbedingt als politische Freunde. Vor einigen Monaten hatte Sobotka Schelling noch in einem Streit um die Folgen der Heta-Pleite gedroht: "Bei Philippi sehen wir uns wieder."

Zumindest nach außen lässt den Finanzminister das heute kalt. Vielmehr betonte er in einer Aussendung: "Schon bei der Gesundheitsreform als auch bei den Vorbereitungen zum neuen Finanzausgleich hat Wolfgang Sobotka Handschlagqualität bewiesen." Er sei überzeugt, dass Sobotka auch als Innenminister mit Fachwissen und Umsicht agieren werde.

Frauensprecherin Schittenhelm zwiegespalten

ÖVP-Frauenchefin Dorothea Schittenhelm sieht die Personalrochade in ihrer Partei mit "einem lachenden und einem weinenden Auge", sagte sie der APA am Montag. Positiv sei, dass mit Johanna Mikl-Leitner eine Frau in die Landesregierung einziehe und wohl auch Landeshauptfrau werde. Der geringe Frauenanteil in der Bundesregierung gefalle ihr nicht, doch auch sie habe für Sobotka gestimmt, betont sie.

"Ich hätte mir auch eine Frau gewünscht", räumte sie ein. Doch der Parteibeschluss für Sobotka sei einstimmig erfolgt, also auch mit ihrer Stimme. "Wolfgang Sobotka ist sicherlich prädestiniert" für den Ministerjob, verwies sie auf seine langjährige Erfahrung in der Landesregierung. Sie selbst kenne ihn aus ihrer Zeit im niederösterreichischen Landtag sowie als Bürgermeisterin als guten und korrekten Partner. Er sei ein "offener und direkter" Mensch und werde sicher für "frischen Wind" im Bund sorgen.

Die übrigen ÖVP-Minister leisteten gute Arbeit, hielt Schittenhelm fest, deshalb gebe es auch "keine Notwendigkeit", jemand anderes zu Gunsten einer Frau einfach auszutauschen. Da müsse sie "Realistin bleiben" und auf eine Chance für mehr Frauenbeteiligung nach der nächsten Wahl hoffen.

Sprecherwechsel im Parlamentsklub

Das glaubt auch Lopatka. Im Gespräch mit der APA lobt er Sobotkas Durchsetzungsstärke und politische Erfahrung. Er habe daher "null Probleme" mit dem in St. Pölten fixierten Wechsel.

Im Schatten der Rochade zwischen Wien und St. Pölten wurde auch noch eine Änderung im Parlamentsklub der ÖVP vollzogen. Am Montag bestätigte der Wirtschaftsbund eine Meldung der "Presse", wonach der Niederösterreicher Werner Groiß die Rolle des Finanzsprechers übernimmt. Der bisherige Finanzsprecher Andreas Zakostelsky, seit April Chef der VBV-Gruppe, wird Sprecher für private Vorsorge. (jub, wei, mika, cms, ruep, APA, 11.4.2016)