Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat persönlich Strafantrag wegen Beleidigung gegen den ZDF-Satiriker Jan Böhmermann gestellt.

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Berlin/Ankara – Zusätzlich zu seiner Forderung nach Ermittlungen an die deutsche Regierung hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan persönlich Strafantrag wegen Beleidigung gegen den ZDF-Satiriker Jan Böhmermann gestellt. Der Antrag sei bei der Staatsanwaltschaft Mainz eingegangen und werde geprüft, teilte ein Sprecher der Behörde am Montagabend mit.

Damit werden Ermittlungen auch für den Fall möglich, dass Berlin dafür kein grünes Licht gibt. Gegenstand von Erdogans Strafantrag sei das "so genannte Schmähgedicht" Böhmermanns aus der Sendung "ZDF Neo Royal", teilte die Staatsanwaltschaft mit. Der Antrag werde nun in dem bereits anhängigen Verfahren wegen Angriffs gegen Organe und Vertreter ausländischer Staaten geprüft.

Einem Verfahren als Vertreter ausländischer Staaten müsste Berlin zustimmen. Darum hat Ankara gebeten, wie Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag bekanntgab – und wodurch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel in eine missliche Lage gerät. Sie sieht sich schon jetzt dem Verdacht ausgesetzt, sich mit Kritik an Erdogan zurückzuhalten, weil sie die Türkei für die Eindämmung der Flüchtlingskrise braucht.

Farce

Ein mögliches Verfahren stößt quer durch die Parteien auf Skepsis. Der Deutsche Journalistenverband nannte den ganzen Vorgang "eine Farce".

"Ich finde es unmöglich, dass die türkische Regierung massiv interveniert und in Deutschland die Strafjustiz aufmarschiert sehen möchte", sagte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann dem Nachrichtensender n-tv. CDU-Generalsekretär Peter Tauber verteidigte das Vorgehen der Bundesregierung. Die Beleidigung ausländischer Staatsoberhäupter sei strafbar, und "dann kann man nicht einfach sagen, wir haben zwar eine Rechtsnorm, aber die interessiert uns nicht". Allerdings müssten unabhängige Gerichte im Zweifel prüfen, "ob es überhaupt eine Beleidigung ist".

"Staatsinteressen" vor Presse- und Kunstfreiheit

Linken-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht erklärte, Merkel müsse sich schützend vor die Kunstfreiheit stellen und der von Ankara geforderten Strafverfolgung Böhmermanns "eine klare Absage erteilen". Die Medienexpertin der Grünen, Tabea Rößner, warf Merkel vor, die Presse- und Kunstfreiheit "Staatsinteressen" unterzuordnen. (APA, 12.4.2016)