Einer der beiden neun Meter langen Einbäume am Attersee. Im August sollen sie erstmals über den See schippern.

Foto: APA/GERALD EGGER

Seewalchen am Attersee – Im Alpenraum waren während der Jungsteinzeit Pfahlbauten aus Holz eine typische Siedlungsform. Die Gebäude auf Stelzen wurden meist an, manchmal auch in die Seen und Flüsse gebaut. Allein am Attersee in Oberösterreich wurden die Überreste von mehr als 30 Pfahlbaudörfern nachgewiesen. Nach bisheriger Fundlage waren Einbäume das bevorzugte Transportmittel über den See. Aber wie wendig – oder schwerfällig – konnte man sich vor rund 8.000 Jahren mit den einfachen Booten übers Wasser fortbewegen? Das wollen der Verein "Pfahlbau am Attersee" und die Bundesforste im Rahmen eines ungewöhnlichen Archäologie-Experiments am Attersee in herausfinden. Dazu wurden zwei Boote aus Weißtannen geschnitzt, die ab August für den Praxistest einsatzbereit sein sollen.

Neun meter lange Einbäume

Die Österreichischen Bundesforste haben für das Experiment zwei Bäume aus ihren Wäldern am Attersee zur Verfügung gestellt. Aus den rund 120 Jahre alten Weißtannen mit fast 50 Metern Höhe und einem Umfang von 3,4 Metern entstanden jeweils neun Meter lange Einbäume.

Die Mitglieder des Archäologie-Teams der Universität Wien und des Pfahlbauvereins setzten unter Anleitung des Experimentalarchäologen Wolfgang Lobisser zum Bau von einem der beiden Boote Werkzeuge ein, die nach dem Vorbild von Originalfunden aus der Stein-, Bronze- und Eisenzeit hergestellt wurden. In insgesamt 600 Arbeitsstunden wurde von Hand zunächst der Rumpf des Bootes abgeflacht, an den Enden Bug und Heck geformt und die Innenseite des Stammes grob ausgehöhlt. Der zweite Einbaum wurde mit einer Motorsäge und modernen Werkzeugen gefertigt.

Prähistorische Rennboote

Beide wurden nun in Seewalchen im See versenkt. Dort bleiben sie vorerst, um das Holz zu beruhigen. Es hört dadurch zu arbeiten auf, außerdem wird der später über Wasser befindliche Teil des Rumpfes widerstandsfähiger gegen Sonneneinstrahlung und Regen. Ende Juli werden sie wieder gehoben, getrocknet und an der Seepromenade fertiggestellt. Interessierte haben die Gelegenheit dabei zuzusehen. Zum Einsatz kommen die beiden Boote erstmals im Rahmen des Attersee-Weltkulturerbefestes am 6. August. Nach ihrer Taufe werden sie gewassert und dienen danach unter anderem als prähistorische Rennboote.

In Oberösterreich ist die Pfahlbauforschung im vergangenen Jahr an den Salzkammergut-Seen neu gestartet worden, unter anderem mit einer Unterwassergrabung am Attersee. Es handelt sich um Vorarbeiten für die Landesausstellung 2020 mit dem Titel "Versunken – Aufgetaucht" in Seewalchen, Attersee und Mondsee. 2011 erklärte die UNESCO Teile der Pfahlbau-Überreste zum Weltkulturerbe. (APA, red, 17.4.2016)