Bild nicht mehr verfügbar.

Anhänger der Opposition demonstrierten am Abend gegen die Entscheidung von Präsident Ivanov, alle in die Abhöraffäre verwickelten Politiker zu begnadigen.

Foto: Reuters / Ognen Teofilovski

Skopje – Der mazedonische Präsident Gjorge Ivanov hat am Dienstag eine Begnadigung für all jene angekündigt, die in den Abhörskandal verwickelt sind, der das Land im vergangenen Jahr fast in die politische Konfrontation geführt hätte. Ivanov, der der VMRO-DPMNE von Expremier Nikola Gruevski angehört, begründete den Schritt damit, dass er dem "politischen Leiden Mazedoniens" ein Ende setzen wolle.

Oppositionschef Zoran Zaev sagte, ein Ende der laufenden Untersuchungen würde einem Putsch gleichkommen. Er forderte zudem den sofortigen Rücktritt des Präsidenten. Seine Partei werde alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel nutzen, um gegen die Entscheidung vorzugehen.

Der Sozialdemokratische Bund (SDSM) hat am Mittwoch die Abhaltung einer Sondersitzung des Parlaments und die Einleitung eines Impeachment-Verfahrens gegen Ivanov beantragt. Der Antrag wurde laut Medienberichten von 37 Abgeordneten unterzeichnet, darunter auch jenen aus anderen Oppositionsparteien. Notwendig waren 20 Stimmen.

Tiefe politische Krise

Mazedonien, das in der Flüchtlingskrise ein wichtiger Partner Österreichs ist, wird seit Februar 2015 von einem massiven Abhörskandal gebeutelt. Zaev wirft der Regierung vor, mittels Geheimdienst bis zu 20.000 Menschen – meist politische Gegner – illegal abgehört zu haben. Er veröffentlichte auch zahlreiche Gesprächsprotokolle, um seine Vorwürfe zu untermauern. Die VMRO-DPMNE wirft ihm ihrerseits eine politische Kampagne vor, um die Partei von der Macht zu verdrängen. Sie bestreitet alle Vorwürfe.

Schon zuvor war das Land seit Wahlen 2014 in einer tiefen politischen Krise. Damals hatte die unterlegene Opposition der VMRO-DPMNE Wahlmanipulationen vorgeworfen.

Hunderte Oppositionsanhänger demonstrierten am Abend im Stadtzentrum Skopjes gegen die Entscheidung Ivanovs. Der Amtssitz des Präsidenten wurde mit Eiern beworfen. Der Oppositionsprotest verlief bei starkem Polizeiaufkommen ansonsten zuerst ruhig.

Hahn: EU-Zukunft Mazedoniens in "ernster Gefahr"

Die EU hat unter der Führung von Nachbarschaftskommissar Johannes Hahn immer wieder Vermittlungsversuche unternommen, mehrfach endeten sie in einem Scheitern. Beide Seiten werfen einander Blockaden vor. Gemäß der jüngsten Einigung sollte eine Sonderermittlerin die Vorwürfe untersuchen. Zudem waren für den kommenden Juni Neuwahlen geplant.

Hahn meldete sich nach Ausbruch des neuen Streits zu Wort. Die jüngsten Taten der mazedonischen Politiker würde "die EU-Zukunft des Landes ernsthaft in Gefahr bringen", teilte er mit. Er bezweifle auch, dass die geplanten Wahlen unter den nun geänderten Voraussetzungen glaubwürdig sein könnten. (red, 12.4.2016)