Warum haben Topmanager der Telekom Austria angebliche feindliche Attacken auf den Aktienkurs des Unternehmens nicht umgehend der Finanzmarktaufsicht und dem Aufsichtsrat mitgeteilt, sondern auf eigene Faust bekämpft? Und warum wurde Geld an der Buchhaltung vorbei im Papiersackerl am Wiener Naschmarkt übergeben? Damit befasst sich einmal mehr das Wiener Straflandesgericht.

Kurssprung der Aktie 2004

Hintergrund ist ein Kurssprung der Telekom-Aktie nach oben im Jahr 2004, der knapp hundert Managern der Telekom Bonizahlungen von fast zehn Millionen Euro beschert hat. Dass der nötige Aktienkurs für die Ausschüttung der Boni Minuten vor Ende des Beobachtungszeitraumes gerade noch erreicht wurde, sorgte damals für kräftiges Rauschen im Blätterwald und führte schlussendlich zu einer Untreue-Anklage im Jahr 2013. Vier Angeklagte wurden schuldig gesprochen, den Kurs nach oben getrieben und damit die Telekom als Auszahler der Prämien geschädigt zu haben. Sie bekamen teils mehrjährige Haftstrafen – die im Vorjahr vom Obersten Gerichtshof teilweise aufgehoben wurden.

Seit heute, Dienstag, wird neu verhandelt. Detail am Rande: Beim Telekom-Prozess 2013 war der jetzige Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) noch Strafverteidiger des nunmehr Erstangeklagten.

"David gegen Goliath"

Die Vier – der Erstangeklagte Ex-Festnetzvorstand Rudolf Fischer sowie Ex-Finanzvorstand Stefano Colombo, der ehemalige Telekom-Prokurist Josef Trimmel und der Broker Johann Wanovits – verteidigten sich vor Richter Wolfgang Etl damit, dass in der Woche vor dem Aktienstichtag der Kurs durch eine feindliche Aktion über die Deutsche Bank nach unten gedrückt worden sei. Dies habe man lediglich "korrigieren" wollen. Es sei ein Kampf "David gegen Goliath" gewesen, so einer der Strafverteidiger.

Außerdem wären Boni so oder so ausgezahlt worden, da sonst die Manager demotiviert gewesen wären und viele das Unternehmen verlassen hätten. Das veranlasste Etl zu der Bemerkung, dass die Mitarbeiter, die nicht am Prämienprogramm beteiligt waren – 13.900 von insgesamt 14.000 Telekom-Beschäftigten – ja auch ohne Aussicht auf Boni ihren Job gemacht hätten. Beim Erstangeklagten Fischer machte der Bonus damals rund 196.000 Euro aus.

Laut Angeklagten hätte man sich zur Kurskorrektur an Wanovits gewendet, unter der Auflage dass dieser auf eigenes Risiko und auf eigene Rechnung Aktien zukauft und so den Kurs "pflegt". Warum dann Wanovits ein "Go" von Colombo für den Zukauf brauchte (O-Ton Etl: "Wenn ich mir Aktien kaufe brauche ich ja auch nicht die Zustimmung des Vorstandes"), konnte der ehemalige Telekom-Finanzchef nicht beantworten. Warum dann obendrein noch ein Gutachten angefordert wurde, ob die Boni denn ob der eigenartigen Optik und möglicher Rechtsfolgen sofort ausgezahlt werden dürfen, beantwortete der Italiener Colombo dann so: "Das erste Wort, das ich in Österreich gehört habe, war 'Gutachten'."

Roadshows als Bestechung, die nichts bringt

Fischer wiederum ließ in seiner Befragung damit aufhorchen, dass er Roadshows – also Werbetouren börsenotierter Unternehmen zu internationalen Investoren – für "eine Art Bestechung"hält, dabei würden sie aber nichts bringen. "Man hat damit keinen Erfolg", so Fischer. Dieser ließ nebenbei kein gutes Haar am damaligen Telekom-Aufsichtsratschef Peter Michaelis. Michaelis habe mit unbedarften Aussagen den Kurs der Telekom nach unten gedrückt. "Eigentlich hätten wir ihn bei der Finanzmarktaufsicht anzeigen müssen", so Fischer.

Lediglich der Drittangeklagte, Trimmel, bekannte sich heute teilschuldig, alle anderen ließen durch ihre Anwälte die Anschuldigungen zurückweisen.

Der Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt, neben den Aussagen von Trimmel und Wanovits werden in weiterer Folge noch einige Zeugenauftritte erwartet, unter anderem jener von Michaelis und der des damaligen Telekom-Chefs Heinz Sundt. Dieser war im Telekom-Prozess im Jahr 2013 noch Angeklagter, wurde aber dort rechtskräftig freigesprochen. (APA, 12.4.2016)