Die Gruppe der SAP-Anwender in Österreich erachtet Investitionen in neue Geschäftsmodelle im Rahmen der digitalen Transformation als wichtig.

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Wien – Die vielzitierte Investitionsmüdigkeit der heimischen Unternehmen scheint einem kleinen Frühlingslüftchen zu weichen: Digitale Transformation ist das Stichwort.

Die österreichischen DSAG-Mitglieder (Deutschsprachige SAP-Anwendergruppe, Anm.) sind im heurigen Jahr bereit, mit 4,1 Prozent fast doppelt so viel in die Informationstechnologie zu investieren wie die DACH-Region (2,7 Prozent), wie eine Umfrage in den Chefetagen der Mitgliedsunternehmen zeigt. Das ist insofern eine nennenswerte Größenordnung, als in Österreich rund 200 Unternehmen organisiert sind.

Was die Bereitschaft zur Investition betrifft, so ist das ein deutlicher Sprung im Vergleich zum letzten Jahr, als die Investitionen sogar um 2,8 Prozent zurückgingen. "Industrie 4.0 war in Österreich ja eigentlich kein Thema", sagt Wolfgang Honold, DSAG-Vorstand für Österreich und IT-Chef bei der Getzner-Gruppe mit Hauptsitz in Bludenz. "Jetzt scheint sich das ein bisschen zu ändern."

Strukturbedingt haben allerdings andere Länder die Nase vorn, sagt Rainer Kaltenbrunner vom Marktforscher IDC. "Wir haben überwiegend KMUs. Da gibt es bei den klassischen Themen wie Cloud, Mobility, Big Data die klassischen Bedenken, ob das rechtlich okay ist." Länder wie Großbritannien, Frankreich, Deutschland sind da schneller. "Aber auch so manche osteuropäische Länder überholen uns hier."

Die Unternehmensgröße sieht Honold durchaus als Vorteil: "Kleinere sind wendiger und könnten Investitionsentscheidungen rascher treffen." Und worin wollen die Österreicher investieren? Die wichtigsten Schwerpunkte der DSAG-Mitglieder in Österreich sind die Bereiche Logistik mit 38 Prozent, Marketing/Vertrieb/Kundenbeziehungsmanagement mit 33 Prozent und Produktion mit 24 Prozent.

Steigerung der Produktivität

Für die Industriellenvereinigung ist es ohnehin keine Frage, ob Industrie 4.0 kommt, sondern wie es den Österreichern gelingt, aufzuspringen. Einerseits eröffne die Digitalisierung produzierenden Unternehmen ganz neue Möglichkeiten, Produkte und Lösungen schnell und effizient zu entwickeln und zu fertigen. Damit könne die Produktivität gesteigert, könnten Kosten gesenkt, Fehlerquoten minimiert und könnte "time to market" verringert werden.

"Durch Effizienzsteigerungen könnte sogar die Produktion aus Niedriglohnländern zurück nach Europa geholt werden" sagt Isabella Meran-Waldstein von der Industriellenvereinigung.

Auch wenn noch keine harten Zahlen zu geplanten Investitionen vorliegen, dass das Interesse steigt, sieht auch Meran-Waldstein: "Wir merken das hohe Interesse auch daran, dass sehr viele Forschungsprojekte eingereicht werden. Bei den entsprechenden Programmen gab es eine mehrfache Überzeichnung."

Die Gründe liegen wohl auch in den Erwartungen: Einer Unternehmensbefragung von PricewaterhouseCoopers zufolge wird branchenweit eine durchschnittliche Steigerung von 3,7 Prozent jährlich sowie eine Reduktion der Herstellungskosten von 2,6 Prozent gesehen.

Business-Intelligence

Glaubt man den SAP-Anwendern in Österreich, werden die Chancen gesehen. Für immerhin 29 Prozent sind Investitionen in neue Geschäftsmodelle im Rahmen der digitalen Transformation wichtig bis sehr wichtig. Dass die Zahl nicht höher ist, führt DSAG-Vorstand Honold auch darauf zurück, dass solche Fragen nicht neben dem Tagesgeschäft zu klären sind. "Will eine Firma etwas machen, müssen alle zusammenrücken. Das ist ein technologisches, strategisches und organisatorisches Thema."

Zumindest in der Industrie sei angekommen "dass Digitalisierung Chefsache sein muss. Man tauscht sich auch innerhalb der Industrie intensiv aus", sagt Meran-Waldstein.

Laut der Umfrage belegt das Thema Business-Intelligence bei den Hauptinvestitionen im SAP-Bereich mit 15 Prozent den ersten Platz. Bei SAP-Produkten, die Industrie 4.0 betreffen, liegt Österreich bei den Haupt- und mittleren Investitionen mit 24 Prozent im Vergleich zu DACH (22 Prozent) in Führung.

Das Thema Cloud sieht Honold mit gemischten Gefühlen. "Sie wird verstärkt kommen. Aber was die Amerikaner alles hineinstellen, passt nicht zu Europa. Ich sage nur: zusammengebaute Maschinenkopien in China oder sonst wo auf der Welt." (Regina Bruckner, 15.4.2016)