Wien – In der Neuauflage des Telekom-Prozesses um eine Kursmanipulation im Jahr 2004 haben die Angeklagten am Donnerstag einmal mehr darauf bestanden, dass der Aktienkurs der Telekom durch feindliche Angriffe vor Auszahlung des Boni-Programmes für knapp 100 Manager nach unten gedrückt worden war. Wer dies getan habe, konnten die Angeklagten allerdings nicht sagen.

Die Finanzmarktaufsicht jedenfalls machte keine Angreifer aus, was den vier Angeklagten bis heute nicht nachvollziehbar ist. So reichten dann die möglichen Profiteure von der Schweizer Swisscom, die bei der Telekom Austria einsteigen wollte, bis hin zur Staatsholding ÖIAG, die den Staatsanteil von rund 28 Prozent an der TA hält.

Klar ist, warum der angeklagte Broker Johann Wanovits die von ihm erworbenen Telekom-Aktien großteils sofort wieder abgestoßen hat: Das Investment war für die kleine Bank Euroinvest viel zu groß. Wanovits begründete dies damit, dass er das Risiko in seinem Portfolio verringern wollte.

Warum Wanovits rund 500.000 Euro im Papiersackerl als eine Art Prämie für den Aktienverkauf von einem der mitangeklagten Telekom-Manager bekommen und man nicht einfach eine Prämie verschriftlicht hatte, blieb offen. Dies sei jedenfalls ein "Riesenfehler" gewesen, so Wanovits.

Er betonte, dass die Causa sein Leben zerstört habe. Als Broker dürfe er nicht mehr arbeiten, und auch sonst würden sich Geschäftspartner scheuen, mit ihm in Kontakt zu treten. Der Deal hatte Wanovits – neben einem möglichen Kursgewinn – auch noch eine Million Euro eingebracht, die er inzwischen wieder an die Telekom Austria zurückgezahlt hat.

Widersprüchlich waren die Aussagen zu der Übergabe der 500.000 Euro im Papiersackerl am Wiener Naschmarkt. Der mitangeklagte Telekom-Prokurist sowie Kronzeuge Gernot Schieszler hatten sich bei Vernehmungen selbst belastet und gesagt, Wanovits habe sie eingeladen, ins Sackerl zu greifen und sich zu bedienen. Wanovits bestritt die Einladung am Donnerstag massiv. "Das schwöre ich bei meinem Augenlicht", so Wanovits.

Ahnungslose Manager

Zuvor hatte der Erstangeklagte, Ex-Festnetzchef Rudolf Fischer, eingeräumt, dass er heute bei der Kurspflege anders vorgegangen wäre als 2004. Allerdings seien ihm viele Vorwürfe gegen ihn nicht erklärbar. Fischer ist eine der zentralen Personen in weiteren Telekom-Prozessen, er trägt zurzeit eine Fußfessel infolge eines Verfahrens um Parteienbestechung.

Richter Wolfgang Etl wunderte sich, warum der angebliche Angriff auf den Aktienkurs niemandem in der Investor-Relations-Abteilung der Telekom aufgefallen ist – erst recht, wo doch Wanovits beim Erstprozess im Jahr 2013 ausgesagt hatte, dass er sich beim Aktienhandel "ausschließlich auf sein Gefühl" verlasse. Infos der Finanznachrichtenagentur Bloomberg nutzte er etwa nicht.

Noch überraschender war, dass Wanovits im Prozess 2013, der vom Obersten Gerichtshof aufgehoben wurde, ausgesagt hatte, er habe nicht einmal die Ad-hoc-Meldungen der Telekom gelesen.

Dies sind verpflichtende öffentliche Mitteilungen von börsennotierten Unternehmen über alle wichtigen Ereignisse, die Auswirkungen auf den Kursverlauf haben könnten. (APA, red, , 15.4.2016)