Es ist nicht alles Gold, was glänzt – das gilt auch für "innovative" Medikamente.

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Hohe Medikamenten-Preise werden von der internationalen Pharmaindustrie häufig mit den Entwicklungskosten der Arzneimittel gerechtfertigt. Der Generaldirektor der niederösterreichischen Gebietskrankenkasse, Jan Pazourek, kann diese Argumentation nicht nachvollziehen. Die Öffentlichkeit zahle diese Investitionen gar zweifach, so Pazourek beim Gesundheitsforum Seitenstetten "Praevenire".

"Die Investitionen der Pharmaindustrie werden zweimal bezahlt. Einmal von der öffentlichen Hand über die Forschungsfinanzierung, einmal in der Apotheke", stellte Pazourek eine kritische These auf. Zum überwiegenden Teil werde die medizinische Forschung aus Steuermitteln finanziert. Die Pharmaindustrie minimiere durch den Zukauf von neuen Wirksubstanzen von kleinen Unternehmen ihr Risiko.

Eine zweite These von Pazourek: "Es ist nicht alles innovativ, wo innovativ draufsteht." Die deutsche Technikerkrankenkasse habe in einem Jahr von 23 neu zugelassenen Medikamenten nur eines als wirklich neues Therapieprinzip bewertet.

Mit "gezogener Handbremse"

Die Pharmaindustrie investiere in Österreich nur "untertourig" und mit "gezogener Handbremse". "Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung der Pharmabranche machten 2013 6,4 Prozent ihrer Erträge aus. Zwischen 2002 und 2013 haben sich die F&E-Ausgaben der Pharmaindustrie um 99 Prozent erhöht, jene der Papierindustrie um 108 Prozent." Die österreichische Nahrungsmittelindustrie habe ihre diesbezüglichen Ausgaben gar um 173 Prozent gesteigert und "alle österreichischen Unternehmen um 117 Prozent."

Klaus Schuster, Market Access Director von Roche Austria, bestritt diese Angaben vehement. "Wir investieren jährlich neun Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung. Wir hatten im Jahr 2000 eine Fünf-Jahres-Überlebensrate von 50 Prozent. Heute sind wir bei 60 Prozent."

Die Ausgaben für die Krebstherapie würden häufig übertrieben, betonte Schuster: "Wir haben 2013 rund 4.100 Euro pro Mensch für das Gesundheitswesen ausgegeben. Es leben in Österreich zwischen 320.000 bis 350.000 Menschen mit Krebs. Die Arzneimittelausgaben für sie betragen 471 Millionen Euro (in einem Jahr; Anm.)." Das seien 1.250 Euro pro Patient bei sehr schwierig zu behandelbaren Erkrankungen. (APA, 15.4.2016)