Berlin – Der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV) Frank Überall hat die Entscheidung der Regierung in der Böhmermann-Affäre kritisiert. "Ich finde das absurd", sagte er am Freitag der Deutschen Presse-Agentur.

Die Regierung hatte zuvor dem Wunsch der Türkei nach einem gesonderten Strafverfahren gegen den TV-Moderator Jan Böhmermann wegen Beleidigung des türkischen Staatschefs Recep Tayyip Erdogan stattgegeben. "Die Kanzlerin hat zwar betont, wie wichtig ihr Meinungs-, Kunst- und Pressefreiheit seien – allein mir fehlt der Glaube", sagte Überall.

Recht habe die Kanzlerin allerdings damit, dass diese Entscheidung keine Vorverurteilung sei. "Ich hoffe, dass es gar nicht erst zu einer Anklage kommt", so der DJV-Vorsitzende. Und selbst wenn, bedeute dass nicht, dass Böhmermann zwangsläufig verurteilt werde. "Am Ende glaube ich, dass die Presse- und Meinungsfreiheit höher wiegt."

"Aufgabe der Justiz"

Der TV-Sender ZDF hat die Zustimmung der deutschen Regierung für ein gesondertes Strafverfahren gegen Böhmermann als "politische Entscheidung" bewertet. Inhaltlich nahm der Sender am Freitag keine Stellung dazu und verwies auf das Justizverfahren.

"Die Bundesregierung hat nach Paragraf 104a Strafgesetzbuch eine politische Entscheidung getroffen", teilte das ZDF auf Anfrage mit. "Voraussetzung einer Strafbarkeit ist aber die Erfüllung des Beleidigungstatbestands. Dazu trifft die Entscheidung der Bundesregierung keinerlei Wertung. Das ist Aufgabe der Justiz."

"Neo Magazin Royale" wird fortgeführt

Kanzlerin Angela Merkel hatte einem Wunsch der Türkei nach einer Strafverfolgung wegen Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten stattgegeben. Sie verwies darauf, dass die Justiz hierbei das letzte Wort habe, nicht die Regierung.

Böhmermann hatte in seiner satirischen TV-Show "Neo Magazin Royale" (ZDF, ZDFneo) ein "Schmähgedicht" vorgetragen, in dem er den türkischen Präsidenten heftig beleidigte, um nach eigenen Angaben aufzuzeigen, dass dies nicht erlaubt sei. Das ZDF hatte am Montag erklärt, an seinem Moderator festzuhalten, die Sendung "Neo Magazin Royale" werde fortgeführt. Dabei bleibt es nach Angaben vom Freitag. (APA, 15.4.2016)