So dick war die Menschheit noch nie: 641 Millionen Menschen weltweit sind fettleibig. Die Weltbevölkerung hat jedes Jahrzehnt seit 1974 durchschnittlich um 1,5 Kilogramm zugenommen. Und doch hungern noch immer viele Menschen in armen Ländern, auch wenn Unterernährung global gesehen rückläufig ist.

Detailliertes Bild der globalen Gewichtsschwankungen

In allen Regionen der Welt ist der durchschnittliche Body-Mass-Index zwischen 1974 und 2014 gestiegen. Das zeigen die Ergebnisse einer Metastudie, die aus der Zusammenarbeit von 700 Wissenschaftern hervorgegangen ist und im Medizinmagazin "Lancet" publiziert wurde. Die Wissenschafter haben Trends in der globalen Entwicklung des Body-Mass-Index für 200 Länder analysiert. Ergebnis ist ein detailliertes Bild der globalen Gewichtsschwankungen der vergangenen 40 Jahre.

Der BMI-Zuwachs hat sich seit der Jahrtausendwende in Ländern mit hohem Einkommen vor allem bei Männern großteils verlangsamt, bei Frauen auch in Ländern mit mittlerem Einkommen. Der britische Forscher Majid Ezzati, der das Projekt geleitet hat, erklärt sich das so: Reichere Staaten haben in den 90er-Jahren viel in Forschung investiert, um Übergewicht und die Ursachen dafür besser zu verstehen. Das würde einen Teil der Entschleunigung erklären.

Österreich: Der Durchschnittsmann ist übergewichtig

In Österreich hat sich vor allem das Durchschnittsgewicht der Männer erhöht. Im Jahr 2014 waren 42 Prozent der Männer übergewichtig, 16 Prozent galten als fettleibig. 1975 lag der Anteil noch bei 33 bzw. sechs Prozent.

Bei Frauen sind die Gewichtsverhältnisse stabiler: 1975 waren 25 Prozent übergewichtig und sechs Prozent fettleibig. Bis 2014 hat sich die Quote auf 29 bzw. zwölf Prozent erhöht.

In anderen europäischen Ländern wie Frankreich, Belgien oder Tschechien hat es sich mit dem Gewicht der Durchschnittsbevölkerung ähnlich verhalten.

Südasien bleibt Brennpunkt bei Unterernährung

Auf der anderen Seite der Skala ist Unterernährung nicht von der Weltkarte verschwunden. Jeder Vierte ist in Südasien untergewichtig, etwa jeder Siebente in Zentral- und Ostafrika. Global gesehen ist Unterernährung jedoch rückläufig – aber nicht so stark, wie Übergewicht zunimmt.

Die Verbreitung von Unterernährung ist aus globaler Sicht bei Männern im Zeitraum von 1975 bis 2014 von 13,8 Prozent auf 8,8 Prozent (–5 %), bei Frauen von 14,6 Prozent auf 9,7 Prozent (–4,9 %) gesunken. Im gleichen Zeitraum ist der Anteil der fettleibigen Männer weltweit von 3,2 Prozent auf 10,8 Prozent (+7,6 %) gestiegen. Bei Frauen gab es ein Plus von 8,5 Prozentpunkten von 6,4 Prozent auf 14,9 Prozent der Weltbevölkerung.

Der Aktionsplan der Weltgesundheitsorganisation (WHO), der Fettleibigkeit auf dem Niveau von 2010 halten will, ist aus Sicht der Forscher schon abzuschreiben: Die Wahrscheinlichkeit, dass das Ziel global eingehalten wird, liege bei null Prozent. Die Hoffnung sei allerdings, dass allein schon die Existenz des Limits eine Politik fördern könnte, die die Fettleibigkeitsepidemie einschränkt.

grafik: magdalena rawicka

BMI als Kennzahl umstritten

Ob der BMI dafür überhaupt das richtige Maß ist, gilt als umstritten. Der Body-Mass-Index ist in den vergangenen Jahren als Maßstab immer öfter kritisiert worden. Wer einen Wert über 25 hat, ist übergewichtig. Wer über 30 liegt, ist fettleibig. Bei besonders großen oder kleinen Personen kommt es zu Problemen: Großgewachsene werden schnell als übergewichtig kategorisiert, Kleingewachsene rechnet der BMI eher schlank.

Für Sportler ist der BMI unscharf, weil nicht berücksichtigt wird, ob jemand viel Muskelmasse oder viel Körperfett mit sich trägt. Als Größenordnung, die anzeigt, ob das durchschnittliche Körpergewicht der Weltbevölkerung steigt oder fällt, sei der Body-Mass-Index aber gut genug, so die Forscher. (Gerald Gartner, 17.04.2016)