Lea Six von der Sektion 8 der SPÖ Alsergrund.

Foto: Sektion 8

Wien – Am Samstag entschieden die Delegierten auf dem Landesparteitag der Wiener SPÖ, den Inseratenantrag der Sektion 8 der SPÖ Alsergrund in eine Arbeitsgruppe zu verweisen.

Die Antragsprüfungskommission empfahl die Zuweisung in eine Arbeitsgruppe, was die Initiatoren rund um Lea Six, Vizevorsitzende der Sektion 8, aber anfechten.

Update am 16.4.

Der Antrag wurde einer Arbeitsgruppe zugewiesen.

Die Initiative möchte die Vergabe von Printanzeigen an den Ehrenkodex des Österreichischen Presserats koppeln. Zeitungen, die in zwei Jahren öfter als dreimal gegen den Ehrenkodex verstoßen, sollen bei Inseraten öffentlicher Stellen künftig durch die Finger schauen.

Größter Einzelwerber war nach dem Medientransparenzgesetz 2015 die Gemeinde Wien mit den ihr nahestehenden Beteiligungen. Etwa 46 Millionen Euro – fast ein Viertel aller öffentlichen Werbeschaltungen – meldete Wien der Medienbehörde.

STANDARD: Am Samstag ist Ihr Inseratenantrag (siehe Download links) Thema beim Landesparteitag der Wiener SPÖ. Wie zuversichtlich sind Sie, dass er durchgeht?

Six: Es wäre eine Überraschung, wenn er angenommen wird. Hoffnungslos ist es aber nicht. Wir haben sehr viele positive Signale bekommen. Leute innerhalb und außerhalb der Partei haben sich an uns gewandt, weil sie die Grundidee des Antrags sehr gut finden. Das freut uns, weil es die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf Positionen innerhalb der SPÖ lenkt. Und nicht nur auf jene der Parteispitze. Ich denke allerdings, dass es innerhalb einer Zuweisung passieren wird.

STANDARD: Warum wollen Sie die Inseratenvergabe an den Presserat koppeln? Soll ein privater Verein über öffentliche Gelder mitentscheiden?

Six: Dass über öffentliche Gelder mitentschieden wird, finde ich eine problematische Formulierung. Es soll eine Selbstverpflichtung öffentlicher Institutionen sein. Da braucht man kein Gesetz dafür. Im Ehrenkodex des Presserats ist verankert, was guter Journalismus ist. Öffentliche Stellen können sich dazu verpflichten, nur in Medien zu inserieren, die einem Ehrenkodex folgen, egal wer den jetzt aufgestellt hat. Ich finde es sinnvoll, dass das ein unabhängiger Presserat ist, der weisungsfrei ist. Politik hat da absolut nichts zu entscheiden. Das ist wichtiges Charakteristikum eines Presserats.

STANDARD: Nach Ihren Kriterien soll nicht in Zeitungen inseriert werden, die innerhalb von zwei Jahren dreimal gegen den Ehrenkodex des Presserats verstoßen. Am öftesten werden "Krone", "Heute" und "Österreich" gerügt. Ist das eine gezielte Spitze gegen den Boulevard?

Six: Nein, absolut nicht. Ich kann mir sehr gut einen redlichen Boulevard vorstellen. Es ist nicht schwierig, sich an den Ehrenkodex zu halten. Man muss keine Sachen erfinden und keine Persönlichkeitsrechte mit Füßen treten.

STANDARD: Hat sich das im Zuge der Flüchtlingskrise verschärft?

Six: Objektiv zeigen kann man, dass die Verstöße zugenommen haben. Sieht man sich die Rügen der letzten Monate an, stehen viele im Zusammenhang mit der Flüchtlingsberichterstattung, weil da sehr zugespitzt und überspitzt formuliert wird. Mit sehr tendenziösen Berichten.

STANDARD: Ist die SPÖ zu boulevardhörig?

Six: Ich glaube, man fürchtet sich zu sehr vor schlechter Berichterstattung. Politiker sollten sich nicht an dem orientieren, was in der Zeitung steht. Hätten wir auf Forderungen des Boulevards gehört, gäbe es keine Donauinsel und keine Fristenlösung. Themen sollten durchgezogen werden, auch wenn sie nicht populär sind.

STANDARD: Georg Niedermühlbichler, Landesparteisekretär der SPÖ Wien, hat kürzlich zum STANDARD gesagt, dass Inserate ein wichtiges Kommunikationsmittel seien und keine Lesergruppen ausgeschlossen werden sollten. Folgen Sie dieser Argumentation?

Six: Inserate sind dazu da, um Informationen zu verbreiten. Es muss einen Unterschied zwischen privaten und öffentlichen Institutionen geben. Es soll keine Werbung sein, sondern eine Informationsverbreitung, die einen öffentlichen Wert hat. Es gibt aber ganz andere Mittel, um Informationen zu verbreiten.

STANDARD: Um wie viel Geld geht es?

Six: Wir haben anhand der Zahlen der Medientransparenzdatenbank ausgerechnet, dass allein "Krone" und "Heute" 2015 gemeinsam auf Anzeigen der Stadt Wien von 8,9 Millionen Euro gekommen sind. Um das Geld könnte man sehr viele Flyer verteilen oder alle Wiener Haushalte besuchen, mit den Leuten reden, ihnen Informationen geben. Ich glaube nicht, dass die Inserate oft gelesen werden. Ich befinde mich gerade in der U-Bahn und sehe nicht, dass die Leute auf die SPÖ-Inserate starren.

STANDARD: Die Stadt Wien hat beschlossen, das Inseratenbudget im Laufe der Legislaturperiode um ein Drittel zu reduzieren. Beim Presseinformationsdienst (PID) sollen 17 Millionen Euro gespart werden. Reicht Ihnen das nicht?

Six: Diese Zahl steht einmal im Raum. Das kann man gut finden. Gut finden würde ich aber, wenn einmal aufgeschlüsselt wird, wer in der Stadt Wien wie viel wo schaltet, um diese Zahlen auch nachvollziehen und kontrollieren zu können. Da gibt es den PID, bestimmte Stadträte mit eigenem Budget oder etwa den Bohmann-Verlag. Es wäre wichtiger zu sehen, wer wie viel schaltet, als beispielsweise die Inserate generell um zehn Prozent zu reduzieren. Insgesamt sollten sich die Inserate auf den Informationsgehalt konzentrieren, und die Stadt sollte darauf achten, wo sie schaltet und ob es nicht andere Formen der Öffentlichkeitsarbeit gibt.

STANDARD: Und die Wiener SPÖ Wien sollte im Hinblick auf die Bundespartei eine Vorreiterrolle einnehmen?

Six: Das betrifft beide. Der Antrag wird sowohl beim Landesparteitag als auch in weiterer Folge beim Bundesparteitag eingereicht. Egal, wie das jetzt auf dem Landesparteitag ausgeht, das Thema wird auf dem Tapet bleiben. (Oliver Mark, 15.4.2016)