Bild: Hyper Light Drifter
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Beim Pixel-Look scheiden sich die Geister: Während die einen vor Begeisterung und Nostalgie im Angesicht der Oldschool-Ästhetik oft jede Objektivität über Bord werfen, gilt Pixelgrafik im Stil der Achtziger- und Neunzigerjahre nicht nur Grafikfetischisten und Hochglanz-Freunden als Inbegriff der fantasielosen Indie-Schwemme, in der allzu oft schlichte Unfähigkeit oder mangelndes Budget Grund für den nostalgischen Look sind.

Beides können aber auch die abgebrühtesten Skeptiker "Hyper Light Drifter" (Windows, Mac, Linux, 19,99 Euro; PS4, Xbox One in Vorbereitung) nicht vorwerfen: So schön, so stimmig, sinnvoll und atmosphärisch hat kaum ein neues und gewiss kein klassisches Spiel der Pixel-Ära seine Welt vor seinen Spielerinnen und Spielern ausgebreitet. Mit anderen Worten: "Hyper Light Drifter" sieht einfach verdammt gut aus, und der Wille zur Ästhetik zeigt sich in liebevollen Details, großer Stilsicherheit und dem Mut, knallbunte Farben und postapokalyptische Düsterheit nicht als Widerspruch zu sehen. Selten war der Begriff der Pixelkunst für ein Spiel angebrachter – von den stylischen Cutscenes bis zur eigentlichen Spielgrafik.

Video: Trailer zu "Hyper Light Drifter"
Heart Machine

Pinke Postapokalypse

Es war auch diese mutige Ästhetik, die die Verwirklichung dieses Spiels möglich machte: 2013 als Kickstarterprojekt mit ein paar Screenshots angekündigt, sammelte "Hyper Light Drifter" per Crowd-Finanzierung statt der erhofften bescheidenen 27.000 phänomenale 600.000 Dollar von überzeugten Unterstützern ein. Nun, nach längerer Entwicklungszeit als erhofft, lädt die postapokalyptische Science-Fantasy-Welt endlich zur Erforschung ein.

Die Story, die in Cutscenes und durch die Welt selbst erzählt wird, ist nicht nur deshalb kryptisch, weil das Spiel völlig ohne Worte auskommt. Als einsamer Wanderer mit einer geheimnisvollen Krankheit – ein Verweis auf die reale Herzkrankheit des Entwicklers – stranden wir auf einer mysteriösen Welt, die von bösen Mächten überrannt und verwüstet wurde. Die Dialoge mit den wenigen hilfreichen Geschöpfen erschöpfen sich in einfachen Bildern, doch durch diese Wortlosigkeit entfaltet sich die geheimnisvolle Atmosphäre umso besser.

Die Erforschung dieser Welt ist die eine große Aufgabe, der sich Spielerinnen und Spieler zu stellen haben, und zu entdecken gibt es so einiges: Von Beginn an lässt "Hyper Light Drifter" alle Wege offen. Von einem zentralen Startgebiet aus führen verschiedene Pfade in teils grundverschiedene Landstriche, die immer wieder mit atemberaubend stylischen Ausblicken und Szenen, aber auch vielen versteckten Geheimnissen überraschen. Der Soundtrack trägt viel zur Atmosphäre bei und untermalt ruhige Szenen ebenso wie dramatische Kämpfe stimmungsvoll.

Mit Schwert und Pistole

Neben dem Erforschen ist allerdings der Kampf das zentrale Herzstück von "Hyper Light Drifter", und auch hier brilliert das Spiel, dessen Entwickler Alex Preston nicht umsonst "Legend of Zelda: A Link to the Past" und "Diablo" als Inspirationen nennt. Man ist versucht, auch die Spiele der "Bullet Hell"-Familie hier anzufügen, denn Zeit zum Verschnaufen bleibt angesichts der zum Teil sehr fordernden Kämpfe gegen manchmal recht viele Gegner kaum.

Zur Gegenwehr gegen die sehr unterschiedlich agierenden Monster und die beeindruckenden Endgegner hat der Drifter lediglich ein Schwert und eine Pistole zur Verfügung, die sich im Spielverlauf upgraden lassen. Im Zweifelsfall ist aber stets Beweglichkeit oberstes Gebot. Das Beherrschen des flinken Ausweichsprungs – auch dieser lässt sich später gegen Bezahlung verbessern – ist essentiell fürs Überleben; wer sich nur auf Health-Packs verlässt, wird wiederholt an seine Grenzen stoßen. Die für Joypads konzipierte Steuerung überzeugt dabei übrigens bei weitem mehr als jene für Maus und Tastatur.

Neue, alte Härte

Allzu oft wird bei aller Nostalgie über die nie vergessenen Klassiker der eigenen Spielebiografie vergessen, was außer Pixelgrafik und Chiptunes-Soundtrack nebenbei noch zentrales Element dieser Spiele der Games-Frühzeit war – und das ist ein Schwierigkeitsgrad, der nach heutigen Maßstäben durchaus beachtlich ist. Auch hier bleibt "Hyper Light Drifter" seinen Vorbildern mehr als treu und fordert Spielerinnen und Spieler mit teils knapp an der Frustrationsgrenze entlangbalancierenden Herausforderungen.

Man mag kaum das Schlagwort der "neuen Härte" auspacken, denn eigentlich ist diese im Gegenteil durchaus klassisch. Im Gegensatz zu Spielen wie "Dark Souls" verzichtet "Hyper Light Drifter" aber auf zusätzliche Bestrafung und versetzt die Spielfigur beim Exitus lediglich an den letzten, meist wenig weit entfernten Speicherpunkt. Spielerinnen und Spielern mit niedriger Frustrationstoleranz bleibt bei wiederholtem Scheitern dann auch als Alternative, andere Teile der Welt zuvor zu erforschen oder im zentralen Städtchen in noch bessere Ausrüstung zu investieren. Dass für die Finanzierung dieser Upgrades hin und wieder schon erforschte Gegenden bis in die letzten Winkel abgesucht werden müssen, ist ein kleiner Wermutstropfen im ansonsten makellosen Gamedesign.

Video: Trailer zu "Hyper Light Drifter"
Heart Machine

Fazit

Die Vorfreude nicht nur der Kickstarter-Finanzierer war berechtigt: "Hyper Light Drifter" ist durch seinen einzigartigen Stil, seine in jeder Minute spürbare Liebe zum Detail, sein hartes, aber stets faires Gameplay und seine einzigartige Atmosphäre ein herausragendes Indie-Abenteuer nicht nur für Freunde seiner klassischen Vorbilder geworden.

Auch Pixel-Skeptiker sollten einen Blick riskieren: Hier ist einmal der Retro-Look mehr als nur billige Oberfläche, sondern stimmiges und rundum gelungenes Element eines Spiels, das mit zeitloser Qualität überzeugt. Und auch die Hardcore-Fraktion sollte sich vom vielen Rosa nicht abschrecken lassen: "Hyper Light Drifter" mag zwar knallbunt sein – aber es ist auch ganz schön tödlich. (Rainer Sigl, 4.2016)

"Hyper Light Drifter" ist für Windows, Mac und Linux erschienen. Versionen für PS4 und XBO sind in Vorbereitung. UVP: 19,99 Euro.