Graz – Üblicherweise kommuniziert die FPÖ öffentlich, wenn sie ein Mitglied aus der Partei ausschließt. Am vergangenen Freitag sollte der Parteivorstand der steirischen FPÖ über den Ausschluss von Luca Kerbl beraten. Ob er nun ausgeschlossen wurde, will man seitens der Partei allerdings nach mehrmaliger STANDARD-Nachfrage nicht kommentieren. Als Grund wird von Pressesprecher Philipp Könighofer erst die "Erfahrung mit der Berichterstattung des STANDARD", etwas später das "Datenschutzgesetz" genannt.
Wie berichtet, war Kerbl unter jenen vier Männern, die beim Übergriff der rechtsextremen Identitären auf die Parteizentrale der Grünen in Graz auf deren Dach kletterten. Nur eine Woche bevor die Gruppe eine Theateraufführung mit Flüchtlingen im Audimax der Wiener Universität stürmte, wurde auch in Graz mit Kunstblut herumgeschüttet, bengalisches Feuer geschwenkt und am Dach der Grünen ein Transparent entrollt. Die steirische FPÖ verlautbarte am nächsten Tag, dass für FPÖ-Funktionär Kerbl ab sofort ein Funktionsverbot gelte. Zumindest dieses Funktionsverbot bleibe jedenfalls aufrecht, so Könighofer am Montag.
"Schmiss happens"
Kerbl soll auch oft im Grazer FPÖ-Gemeinderatsklub ein- und ausgegangenen sein. Der Grazer FPÖ-Chef und Stadtrat Mario Eustacchio hatte die Identitären mehrmals als harmlos dargestellt. Doch es ist längst bekannt, welch Geistes Kind die zuerst in Frankreich aufgetauchten Rechten sind. Einer ihrer Führungskader, der wie Kerbl in Graz studiert, betreibt einen Internetversand, mit dem sich die Rechten, die gern Neonazis auf ihren Demos mitziehen lassen, selbst aber auf Bomberjacken und Glatzen verzichten, einkleiden können. Auf T-Shirts, deren Ästhetik von der Linken kopiert wurde, prangen Aufschriften wie "Still not loving Antifa" oder "Schmiss happens". Sie werden ebenso feilgeboten wie Aufkleber mit Zitaten des nationalistischen und demokratiefeindlichen Schriftstellers Ernst Jünger (1895–1998).
Kerbl war jahrelang FPÖ-Gemeinderat im obersteirischen Fohnsdorf und zuletzt Bezirksobmann, allerdings nicht Bezirksrat, im Grazer Bezirk Lend. Sein Mandat in Fohnsdorf gab er auf.
In Graz wollen die Identitären, gegen die der Verfassungsschutz ermittelt, auch ihre Headquarters aufschlagen. Auf ihrer Homepage sammeln sie Geld für das "erste identitäre Zentrums Österreichs", wo in Graz "Lieder- und Filmabende" und "umfangreiche Theoriearbeit" stattfinden sollen. (Colette M. Schmidt, 18. 4. 2016)