Wirkte gelöst und witzig: Mikl-Leitner bei ihrem letzten Ministerrat.

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Wien – Bei ihrem letzten Ministerrat am Dienstag setzte Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) vor dem Wechsel nach Niederösterreich auf freiwillige Komik. "Es wird ein erfolgreiches Kapitel geschlossen und ein neues geöffnet!", bilanzierte sie da über ihre Zeit als Innenministerin mit ernster Miene und wie immer bei ihren Statements eifrig mit dem Kopf nickend. Aber nach dieser für sie typischen Performance brach sie diesmal selbst in lautes Gelächter aus – und wirkte dabei wie erlöst.

Ab nach Sankt Pölten

Denn am Donnerstag wird der Nachfolger des wohl umstrittensten Regierungsmitglieds in der Hofburg angelobt: Wolfgang Sobotka (ÖVP), ebenfalls aus Niederösterreich und dort bisher Finanzlandesrat. Dafür kehrt Mikl-Leitner nach St. Pölten zurück, um für die Hofübergabe von Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) vorbereitet zu werden, der im Dezember siebzig wird.

Proteste am Brenner okay

Einmal noch ließ sich Mikl-Leitner, deren Rolle in der Koalition es war, sich angesichts des Flüchtlingsandrangs stets als erste Fürsprecherin in Sachen Zeltstädte, Obergrenzen, Grenzzäune, Notstände aufzuspielen, zu den Wiener "Prioritäten" des Landes aus: Allen voran über den Ende April anvisierten Beschluss jener Novelle, die Asylwerbern das Stellen eines Antrags wohl schon bald erschweren soll. Immerhin: Angesichts des von italienischen und Tiroler Politikern geforderten Protestverbots auf dem Brenner plädierte sie für ein Beibehalten des Demonstrationsrechts.

Schelling trotzt Drohnen

Mikl-Leitner hinterlässt Sobotka jedenfalls eine Budgeterhöhung. Denn Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) bestätigte wegen anhaltender Flüchtlingskrise und steigender Terrorgefahr: "Wir haben ein großes Sicherheitspaket geschnürt" – und zwar mit Investitionen für Polizei und Bundesheer, aber auch für Integration. Details dazu ließ sich der oberste Hüter der Staatsfinanzen nicht entlocken, denn die Präsentation des neuen Zahlenwerks erfolgt erst kommende Woche. Ob das Militär, wie von Kanzler Werner Faymann und Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (beide SPÖ) bei einem Kasernenbesuch in Aussicht gestellt, bis 2020 tatsächlich 1,3 Milliarden mehr kriege? Dazu Schelling trocken: "Sie können Hubschrauber einfliegen lassen und Drohnen über mich setzen – ich werd’s Ihnen sicher nicht sagen!"

Mehr Geld für Hilfe vor Ort

Nach dem kurzen Regierungsmeeting lobte der rote Kanzler die Sparpolitik des schwarzen Finanzministers, weil das Defizit im Vorjahr deutlich geringer ausgefallen ist als ursprünglich erwartet. Mehr Geld konnte Faymann aber schon für die "Hilfe vor Ort" in Flüchtlingslagern des UNHCR und an den Außengrenzen der Union verkünden.

Heiße Debatten im roten Klub

Auch Faymann verteidigte die Linie der SPÖ in der Asylpolitik – dabei verwies der Kanzler auf "die klare Position" in der Partei, mit einer Notstandsargumentation Vorsorge bei weiterem Flüchtlingsandrang zu treffen. Der SPÖ-Chef gab aber auch zu, dass es noch Diskussionen im roten Parlamentsklub darüber gebe.

Abschied ohne Wehmut

Zu Mikl-Leitners Abgang erklärte er nicht gerade wehmütig: "Johanna Mikl-Leitner hat in einer harten Zeit der starken Gegensätze in streitbarer Weise ihre Funktion ausgeführt." Dazu gab es für sie einen Strauß und ein Foto, auf dem die baldige Vize des mächtigsten Landesoberhaupts am grünen Tisch im Kanzleramt sitzt.

Mitterlehner geißelt Albanienstrategie

Vizekanzler und ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner sorgte beim Pressefoyer dafür, dass sich die Stimmung fühlbar abkühlte. Er kritisierte die vom Regierungspartner forcierte Verschärfung der Entsenderichtlinie, für die sich vor allem Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) starkmacht und die allen voran auf Arbeiter aus den östlichen EU-Staaten abzielt. Für Mitterlehner ist das eine EU-widrige "Albanienstrategie", die Verbote mit sich brächte, die erst recht zu steigender Arbeitslosigkeit führten. Sein Fazit: Statt "restriktiver Abschottungspolitik" brauche es Deregulierung – zumindest hier.

Koalitionäre Kritik an Umfragen

Verärgert äußerten sich die Regierungsspitzen angesichts der veröffentlichten Umfragen zur anstehenden Präsidentenwahl. Mitterlehner beanstandete, "wie" damit "Politik gemacht wird". Faymann forderte die Wähler auf, mit den Prognosen kritisch umzugehen. Weder der Kanzler noch sein Vize halten aber etwas von einem Umfrageverbot – auch wenn es nach den Vorhersagen der Meinungsforscher schlecht für die Hofburg-Anwärter von Rot und Schwarz, Rudolf Hundstorfer und Andreas Khol, aussieht. (Nina Weißensteiner, 19.4.2013)