Die EU könnte die vor einem Jahr in Gang gesetzte Militärmission Sophia im Mittelmeer ausweiten, sollte sich der Zustrom von Migranten von Libyen (und auch von Ägypten) aus Richtung Italien verstärken. Bisher beschränkte sich die von Rom aus dirigierte Aktion darauf, in internationalen Gewässern Bootsflüchtlinge und Schiffbrüchige zu finden und nach Italien zu bringen. Direkt vor der libyschen Küste operierte man allerdings nicht, sodass auch der Kampf gegen Schlepper und die Zerstörung ihrer Boote nicht wie beabsichtigt vorankam. Die EU-Außenbehörde unter der Außenbeauftragten Federica Mogherini wird nun diesbezüglich eine Ausweitung der Einsätze – auch in libyschen Gewässern – prüfen.

Schlüsselland Libyen

Darauf haben sich die Außen- und Verteidigungsminister der Union bei ihrem zweitägigen Treffen in Luxemburg bis Dienstag verständigt. Dreh- und Angelpunkt aller Überlegungen ist jedoch die innenpolitische Lage in Libyen, das nach den Worten der deutschen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen neben der Türkei ein "Schlüsselland" zur Bekämpfung der Schlepperei und zur Lösung der Flüchtlings- und Migrationskrise ist. Wie die Grenzschutzbehörde Frontex den Ministern berichtete, haben sich die Migrationszahlen von der Türkei nach Griechenland von Februar bis März halbiert; auf der zentralen Mittelmeerroute, wo vor allem Afrikaner aus Somalia, Eritrea und Nigeria kommen, aber verdoppelt. Die EU erwartet eine Zuspitzung in den kommenden Monaten, will durch direkte Unterstützung der neuen Einheitsregierung Einfluss im Land gewinnen.

So sollen Soldaten ausgebildet, der Küstenschutz im Land selbst verstärkt werden. Ein direktes militärisches Eingreifen gegen die Islamisten des IS in Libyen ist nach den Worten auch von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg aber ausgeschlossen. Die EU hofft bereits seit Monaten darauf, dass es zu einer stabilen libyschen Regierung kommt, was sich bisher nicht bewahrheitet hat. (Thomas Mayer, 19.4.2016)