Teamkapitän Benjamin Stanzl, Österreichs erster Hockeyspieler in Indien.

Foto: FFU Press Agency/Frank Uijlenbroek

Bei der Hallen-WM in Leipzig 2015 wurde Stanzl zum besten Spieler des Turniers ausgezeichnet.

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Eindhoven/Wien – Dass Benjamin Stanzl als Lionel Messi des Hockeysports – und nicht Messi als Stanzl des Fußballs – bezeichnet wird, wird sich nicht ändern. Dafür kann Stanzl auch nichts. Der 28-jährige Wiener will Lob tunlichst nicht überbewerten, zählt aber seit Jahren zu den weltbesten Hockeyspielern. Seit Herbst läuft er für Oranje Zwart auf. Der niederländische Klub aus Eindhoven ist eine der Topadressen, quasi der FC Barcelona des Welthockeys. "Es macht mich schon stolz, hier zu spielen", sagt Stanzl.

Er ist 149-facher Teamspieler, seine Titelsammlung ist reichhaltig – Halleneuropameister mit Österreich, Hallenmeistercupsieger, Europacupsieger, deutscher Meister, österreichischer Meister. "In Eindhoven kann ich erstmals vom Sport leben." Davor war Stanzl acht Jahre als Student beim deutschen Titelträger Harvestehuder THC in Hamburg engagiert. Jetzt also die Niederlande. Eine Hockeynation mit 200.000 Aktiven. Die Männer waren zweimal, die Frauen dreimal Olympiasieger. Zwart hat 3000 Mitglieder, acht Kunstrasenplätze, "so viele wie in ganz Österreich". Die Mannschaft ist gespickt mit sieben niederländischen Teamspielern, zwei Pakistani, einem Belgier und Stanzl. Zu Playoffspielen in der "Hoofdklasse" kommen bis zu 6000 Fans. Trainiert wird jeden Tag, die medizinische Abteilung und die Kraftkammer teilt man sich mit den Kickern vom FC Eindhoven aus der zweitklassigen Jupiler League.

Zuerst der Idealismus, dann die Weltspitze

Auf Klubebene läuft es für Stanzl wie am Schnürchen, mit dem Nationalteam muss sich der Kapitän gedulden. In der Halle war Österreich 2015 Vize-Europameister. "Hallenhockey hat international kaum Stellenwert, du brauchst weniger Spieler, die Dichte ist nicht so hoch." Feldhockey wird elf gegen elf gespielt. Österreich ist Nummer 22 der Welt, nicht übel angesichts der Rahmenbedingungen. "Die Spieler opfern ihre Freizeit, stellen ihr Studium hintan, zahlen Selbstbehalte für Turnierreisen."

Stanzls Traum bleibt Tokio 2020, das Ticket für Rio wurde klar verpasst. Der Verband hat mit dem Inder Cedric D'Souza einen neuen Teamtrainer geholt. Am Wochenende wird gegen die Niederlande getestet, im Sommer folgt die Vorbereitung auf die erste Runde der WM-Quali (World League) im September in der Türkei. In Antalya warten neben Gastgeber Türkei (51.) noch Oman (21.), Aserbaidschan (28.), Zypern (63.) sowie Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate, die nicht gereiht sind. Für die WM 2018 in Indien qualifizieren sich 14 Teams, für Tokio nur zwölf. "Die schwierigste Aufgabe."

Abenteuer Indien

Für Indien hatte sich Stanzl selbst interessiert. Im Winter wurde er bei einer Spielerauktion für 35.000 Dollar von den Dehli Wave Riders ersteigert, es folgte ein einmonatiges Gastspiel. Teuerster Spieler der Hockey India League, deren sechs Teams insgesamt 48 Ausländer verpflichten durften, war der Deutsche Moritz Fürste. Für den ehemaligen Welthockeyspieler zahlten die Kalinga Lancers 105.000 Dollar. Stanzls Resümee: "Eine tolle Erfahrung, eine andere Welt, extrem laut und anstrengend."

Der Welthockeyverband (FIH) will das Spiel populärer machen, neue Märkte erschließen. Russland und die USA sind quasi noch Hockeywüste. Die Regeln sollen vereinfacht werden, die Spielerzahl soll verringert, das Feld verkleinert werden. Diesen Plänen steht der Messi des Hockeysports skeptisch gegenüber. "Das würde", sagt Benjamin Stanzl, "den Hockeysport ruinieren." (Florian Vetter, 21.4.2016)