Angst vor gestrandeten Flüchtlingen trübt die Urlaubsidylle in Griechenland und Italien. Spanien steigt in der Gunst der Urlauber.

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"Wir sind der eigentliche Wirtschaftsmotor", rühmt José Luis Zoreda Spaniens Touristiksektor. Der Vizepräsident des Branchenverbands Exceltur freut sich, dass sich der Boom ungebremst in statistischen Höhenflügen spiegelt.

Spaniens Tourismus erlebte im ersten Quartal ein Umsatzplus im Jahresvergleich von 4,4 Prozent. Zugleich entstanden fast 90.000 neue Stellen. Es sind die milden Temperaturen, vor allem aber ist es die anhaltend instabile Lage bei Konkurrenzdestinationen wie Tunesien, Ägypten oder der Türkei, von der das Land profitiert.

Elf Prozent trägt der Tourismus zum spanischen BIP bei. Doch es zeigen sich erste dunkle Wolken: Trotz steigender Zahlen an internationalen Gästen traten Hoteliers bei Neuinvestitionen auf die Kostenbremse. Doch diese sind nötig, um neue, kaufkräftige Besucher aus den USA, Lateinamerika und dem Fernen Osten anzulocken.

Ticketpreise steigen

Auch die Ticketpreise legten beträchtlich zu – getrieben von großer Nachfrage und zahlreichen Umbuchungen auf Spanien- und Portugalflüge -, obwohl sich Sprit verbilligte, wird seitens der Online-Buchunsportale beklagt. Am Sitz von Iberia in Madrid kann man den Anstieg bei Flugpreisen auf Nachfrage des STANDARD nicht nachvollziehen, böte man "doch stets günstigere Flüge" an. Iberia gibt die Schuld für die Verteuerung den Reiseveranstaltern.

Dass sich das Preisniveau gehoben habe, verneint aber auch Tui Österreich vehement. Man kaufe Flugkontingente früh, um Preisschwankungen auszugleichen, erläutert Tui-Österreich-Sprecherin Kathrin Limpel. Wohl wissend, dass "Spanien heuer ein absolutes Rekordjahr aufweist". Man habe daher das Angebot deutlich aufgestockt. Auch andere Charterfluglinien leiteten geplante Ägypten- oder Tunesien-Flüge kurzerhand in Richtung Iberien um.

Ausgaben in Spanien sinken

Das schlägt freilich auf das Reise-Budget der Spanien-Urlauber vor Ort durch. Seit 38 Monaten in Folge sinken ihre Pro-Kopf-Ausgaben. Preise für Speis und Trank hingegen sowie Abgaben, etwa die Nächtigungstaxen, steigen.

Anders die Situation in Griechenland: gestrandete Flüchtlinge statt Urlaubsidylle. Die massiven Migrationsströme aus den Krisengebieten im Nahen Osten in Richtung Europa wirken sich auf den Tourismus aus. Die Sommerbuchungen für die Inseln Lesbos, Chios, Samos und Kos etwa seien im Vergleich zum Vorjahr um 80 bis 90 Prozent eingebrochen, heißt es beim Reisebüro Ruefa.

Flugverbindungen aufgestockt

"Im übrigen Teil des Landes sehe die Lage anders aus, hier würden Flugverbindungen sogar aufgestockt, etwa nach Kreta und Rhodos, lässt das Verkehrsbüro wissen. Auch Mykonos, Zakynthos und Korfu erleben einen Aufwind von 20 bis 30 Prozent. Jährlich urlauben rund 34.000 Österreicher in Griechenland.

Hinter Spanien und Griechenland ist Italien das drittbeliebteste Sommerziel der Österreicher. In den vergangenen 20 Jahren ist der Touristenstrom allein in italienische Kunststädte um 3,5 Prozent pro Jahr gewachsen.

Roms Innenminister Angelino Alfano hat am Mittwoch jeglichen Terroristenalarm dementiert, den Italiens Geheimdienste angeblich avisiert hatten. Getarnt als Strandverkäufer sollen Selbstmordattentäter an europäischen Stränden morden. Deutsche Sicherheitsbehörden wurden von italienischen Diensten informiert, meldete die deutsche Boulevardzeitung Bild.

Italien entwarnt

Italienische Medien gingen der Sache nach: Es wurde keinerlei Warnung von Geheimdiensten weitergeleitet, heißt es im gut unterrichteten Tagesblatt Il Fatto Quotidiano. Der Mailänder Corriere della Sera zitiert den für Terrorismus- und Mafiabekämpfung verantwortlichen Prokurator Franco Roberti, der über "populistische Fantasien" sprach.

Der Alarm fiel wie ein Blitz aus heiterem Himmel auf Italiens neuerdings florierenden Fremdenverkehr. Denn nach einer positiven Monatssaison Jänner bis März erwartet sich der Präsident des Hotelfachverbandes Federalberghi, Bernabo Bocca, heuer eine kräftige Belebung. Erstmals seit drei Jahren wurde im ersten Quartal ein Nächtigungszuwachs von fünf Prozent und ein Beschäftigungszuwachs von zwei Prozent verbucht. Mit 171 Milliarden Euro Umsatz trägt der Tourismus fast zwölf Prozent zum BIP bei. (Thesy Kness-Bastaroli aus Mailand, Jan Marot aus Granada, 21.4.2016)