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Margrethe Vestager im Kampf gegen Google.

REUTERS/Francois Lenoir

In einer oft schwach und hilflos wirkenden EU-Kommission sticht ein Mitglied heraus: Der Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager kann man vieles vorwerfen, einen Mangel an Entschlossenheit und Kampfeswillen sicher nicht.

Die liberale dänische Politikerin hat seit ihrem Antritt vor 18 Monaten die Größen der Weltwirtschaft herausgefordert: Apple, Google, Disney, Amazon, Gazprom. Selbst ihr Chef, Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, ist vor ihren Bemühungen, die grassierende Steuervermeidung von Großkonzernen einzudämmen, nicht sicher: Niemand in Brüssel hat die Luxleaks-Enthüllungen, die Junckers Amtszeit betreffen, so konsequent aufgegriffen wie sie. Sie nutzt dazu das Beihilfenrecht, für das sie verantwortlich ist.

Die größten Feinde hat sich Vestager in den USA gemacht: Die Obama-Regierung wirft ihr vor, gezielt gegen US-Konzerne vorzugehen und europäische zu schonen. Google ist bereits zum dritten Mal in ihrem Visier: Nach Vorwürfen wegen Marktmissbrauchs durch die Suchmaschine und Steuerdeals mit der britischen Finanz wirft die Kommissarin nun Wettbewerbsverstöße beim Smartphone-Betriebssystem Android vor. Dies könnte den Internetriesen am meisten schmerzen.

Dabei wird die 48-Jährige sicher nicht von Antiamerikanismus angetrieben: Sie ist eine glühende Verfechterin der freien Marktwirtschaft. Als Wirtschaftsministerin und Vizeregierungschefin unter der sozialdemokratischen Premierministerin Helle Thorning-Schmidt, die sie bald in den Schatten stellte, setzte sie eine Kürzung der Langzeitarbeitslosenhilfe durch. Angesprochen auf schwere Einbußen für Einzelne sagte sie: "So ist es halt" – und löste damit einen Sturm der Entrüstung aus. Vestager gilt als Vorbild für die aufrechte Regierungschefin Birgitte Nyborg in der TV-Serie Borgen; Darstellerin Sidse Babwett Knudsen begleitete Vestager, um sich auf die Rolle vorzubereiten.

Die Tochter von zwei evangelischen Pastoren studierte Wirtschaft in Kopenhagen, arbeitete im Finanzministerium und wurde mit 28 erstmals Ministerin für die sozialliberale "Det Radikale Venstre", die ihr Ururgroßvater einst mitbegründet hatte. Sie ist bekannt für Perfektionismus, Nervenstärke und einen bissigen Humor, mit dem sie gern Männer aufs Korn nimmt. Sie ist mit einem Mathematiklehrer verheiratet und hat drei Töchter, mit denen sie gemeinsam jene Internetdienste erforscht, denen sie dann den Kampf ansagt. (Eric Frey, 21.4.2016)