Sogar Rudolf Hundstorfer kann einen Hashtag anbieten.

Foto: https://www.facebook.com/rudolfhundstorfer.at

"Facebook und Twitter sind auch mir in meinem Alter ans Herz gewachsen", sagt Rudolf Hundstorfer mit Blick in die Kamera, "und ich habe auch gelernt, damit umzugehen". Das Video, das das Team des Präsidentschaftskandidaten Anfang April auf Facebook veröffentlicht hat, beweist: Kein Wahlkampfteam kommt heute an den sozialen Netzwerken im Internet vorbei – auch wenn nicht jeder Politiker der geborene Social-Media-Star ist. Wie der sehr bemüht wirkende Auftritt Hundstorfers zeigt.

"Es fällt komisch auf, wenn Kandidaten soziale Medien nicht nutzen", sagt der Politikberater Yussi Pick. Die mittlerweile gar nicht so neuen Medien könnten Politiker einsetzen, sagt Pick, das erkenne man etwa daran gut, dass die meisten Kandidaten für die Präsidentschaftswahl am Sonntag ihr Antreten per Youtube-Video bekanntgegeben hätten.

Es geht um Kontrolle. Früher verkündeten Präsidentschaftskandidaten ihre Kandidatur klassischerweise in einer Pressekonferenz, "jetzt können sie sich direkt, ohne Filter, kontrolliert den Menschen vorstellen" – nämlich durch ein selbstproduziertes Video. Ohne unfreundliche Fotos, ohne kritische Kommentare dazwischen. Politiker und Parteien erreichen ihre Zielgruppe direkt – wenn sie ihre Arbeit gut machen.

Darin sieht Sabine Hoffmann, Gründerin der Social-Business-Agentur Ambuzzador, derzeit ein Manko. Die meisten Kandidaten im aktuellen Wahlkampf würden soziale Medien als "Propagandakanal" einsetzen. Stattdessen sollten Politiker "individuellere Positionen platzieren, nicht nur, was sowieso über die Medien geht". Den perfekten Onlinewahlkampf hat keiner der sechs Kandidaten hingelegt, darin sind sich Pick und Hoffmann einig. Die Auftritte einzelner Kandidaten in den sozialen Medien spielen aber in verschiedenen Ligen.

Die Kampagnen im Check

Irmgard Griss "macht es im Rahmen ihrer Möglichkeiten gut", sagt Yussi Pick, der ihre Fundraising-Aktivitäten besonders gelungen findet. Für Sabine Hoffmann unterscheidet sich Griss' Auftritt wesentlich von dem anderer Kandidaten, "das sind nicht nur die 'Ich bin grad auf Wahlkampf'-Bilder. Griss ist ganz klar auf die Qualitätsschiene gegangen."

Auf bewährte FPÖ-Strategien setzte Norbert Hofer: Seine Partei habe verstanden, dass sie ihre Zielgruppe nicht mehr über klassische Medien erreicht, sagt Pick. Deshalb produziert die Partei auch für Hofer eigene Inhalte – etwa mit dem Youtube-Kanal "FPÖ-TV". Misslungen ist für Hoffmann allerdings Hofers Profil auf der Fotoplattform Instagram. Fotos von Wahlkampfauftritten seien zu wenig. Der FPÖ ginge es offenbar nur darum, auf der Plattform zu sein – ohne genau zu wissen, wie sie funktioniere.

Schlechte Noten gibt es für den SPÖ-Kandidaten Rudolf Hundstorfer. Er habe "in seiner politischen Botschaft keine Stringenz", allein die verschiedenen Bildsprachen auf seiner Facebook-Seite würden für Unstimmigkeiten in seinem Social-Media-Team sprechen, sagt Pick. Hoffmann kritisiert, dass auf Facebook und Twitter die gleichen Inhalte gepostet werden – "das hat man am Anfang von Social Media gemacht, und damals war es schon schlecht".

Andreas Khol "verwechselt ein bisschen Social-Media-Wahlkampf mit Jugendwahlkampf, das ist nicht notwendigerweise dasselbe", sagt Pick. Für Hoffmann ist Khols Kampagne "sehr brav", handwerklich in Ordnung – aber vor allem kritische Kommentare würden kaum beantwortet. "Daran sieht man, dass das nicht ganz ernst gemein ist", sagt Hoffmann.

Das schlechteste Zeugnis setzt es für Baumeister Richard Lugner: Für ihn sei Social Media nur ein "weiteres Verlautbarungsmedium", sagt Hoffmann; noch dazu werden seit Mitte März die vorhandenen Twitter- und Instagram-Profile gar nicht mehr befüllt.

Grundsätzlich zufrieden sind beide Experten mit der Onlinekampagne von Alexander Van der Bellen. "Er lässt nichts aus, um die emotionalen Knöpfe zu drücken", sagt Pick. Gelungen findet Hoffmann etwa das zuletzt gepostete Video zu Hubert von Goiserns "Heast as net". Darum werde es in Zukunft gehen, sagt Hoffmann: gute Geschichten zu erzählen. (Sebastian Fellner, 21.4.2016)