Am Mobile World Congress hat Xiaomi die nächste Generation seines Smartphone-Flaggschiffs vorgestellt. Mit flotter Hardware und Premium-Verarbeitung soll das Android-Handy den Erfolgslauf des Unternehmens fortsetzen.
Mittlerweile konnten sich auch einige Medien ein Bild von dem Gerät machen, das offiziell nicht in Europa oder den USA verkauft, sondern primär in China vertrieben wird. Das Fazit fällt größtenteils positiv aus, softwareseitig muss sich Xiaomi allerdings auch einige Kritik gefallen lassen.
Drei Versionen
Das Mi-5 erscheint in drei Varianten. Die Standard-Version kommt in einer Ausgabe mit 32 GB Onboardspeicher, drei GB RAM und einem auf 1,85 GHz reduziertem Takt des Snapdragon 820-Prozessors. Dann gibt es eine Version mit 64 GB Speicher und vier GB RAM sowie regulärer Taktung (2,15 GHz).
Das Topmodell ist schließlich das Mi 5 Pro, mit satten 128 GB Speicher sowie Keramikrückseite statt Glas. Die Preisspanne reicht, wenn man die Geräte nach Europa über Importhändler bezieht, von etwa 340 bis 460 Euro.
Hier sei gleich auf zwei Hindernisse hingewiesen. Weil Xiaomi sein Smartphone über "Flash Sales" verkauft, ist die Verfügbarkeit derzeit recht begrenzt. Dazu unterstützt die auf Android 6.0 "Marshmallow" basierende Systemsoftware MIUI 7 nur die englische Sprache und Chinesisch (Mandarin). Allerdings gibt es eine deutschsprachige Community, die nachträglich auch deutschen Sprachsupport einpflegt.
Starke Hardware, günstiger Preis
Die Hardware wird unisono von den Testern bei Ars Technica, CNet, Android Authority gelobt. Derzeit gibt es kein Handy, das zu diesem Preis ein vergleichbares Technikpaket schnürt. Das Gerät unterstützt 3G, LTE (allerdings nur Band 1, 3 und 7 für FDD-LTE), Dualband-WLAN nach 802.11ac-Standard, Bluetooth 4.2 und NFC. Ebenfalls an Bord sind ein Fingerabdruckleser und ein Infrarot-Modul nebst Fernbedienungs-App für diverse Geräte. Das Mi 5 kann mit zwei nanoSIM-Karten genutzt werden. Auf einen microSD-Slot zur Speichererweiterung muss man allerdings verzichten.
Der fix verbaute 3.000 mAh-Akku lässt sich per Quickcharge 3.0 aufladen, wenngleich das mitgelieferte Ladegerät nur Quickcharge 2.0 unterstützt. Er hält bei normaler Nutzung einen Tag durch. Die rückseitige Kamera setzt auf einen Sony IMX298-Chip, einen Dualtone-LED-Blitz, Phase Detection-Autofokus und verfügt über ein eigens entwickeltes, vierachsiges System zur optischen Bildstabilisierung, das von Xiaomi schon bei der Präsentation prominent beworben wurde. Der Sensor liefert Bilder mit 16 MP Auflösung, die Frontkamera wirft vier Megapixel ins Rennen.
Gutes Display, Premium-Verarbeitung
Die Vorderseite des Smartphones wird zum größten Teil von einem 5,15-Zoll-Display belegt. Dessen Auflösung liegt mit 1.920 x 1.080 zwar niedriger als beim Galaxy S7 oder LG G5, an der Farbdarstellung haben die Tester allerdings nichts auszusetzen. Dank zusätzlicher LEDs in der Umrandung erreicht es eine Helligkeit von starken 600 nits und die Software kann den Kontrast pixelweise anpassen, um auch unter gleißendem Sonnenlicht gute Sicht zu gewährleisten.
Etwas Kritik kommt von Android Authority, wo man nach zwei Wochen Gebrauch einige Mikrokratzer am Bildschirm entdeckt hat – trotz Nutzung der Gorilla Glass 4-Technologie.
Xiaomi beweist beim Aluminiumgehäuse des Mi 5 erneut, dass sich der Konzern in Sachen Verarbeitungsqualität nicht vor Konkurrenten wie Samsung oder Apple verstecken muss. Trotz der recht kompakten Bauform wird das Smartphone in der Regel nie unangenehm warm. Lediglich in einem Szenario – der Aufnahme von Videos in 4K-Auflösung bei gleichzeitigem Aufladen – wurden spürbar problematische Temperaturen erreicht.
Kamera hält mit – bis zum Abend
Die Kamera des chinesischen Top-Smartphones schlägt sich ebenfalls gut – zumindest vor Anbruch der Dunkelheit. Unter halbwegs guten Bedingungen liefert sie Bilder mit guter Farbwiedergabe und Kontrasten. Bei schwindendem Licht zeigt sich allerdings, dass der Sensor nicht den Spitzengeräten namhafter Konkurrenten mithalten kann – die allerdings fast doppelt so viel kosten.
MIUI: Kitkat trifft Marshmallow
Vereint sind die Rezensenten in ihrer Kritik an der Software. Obwohl MIUI 7 auf der aktuellsten Android-Ausgabe basiert, fehlen einige wichtige Funktionen. So beherrscht die Xiaomi-Adaption derzeit keinen Multiuser-Support, verfügt über keine Suchoption in den Einstellungen, verzichtet auf Google Now on Tap und setzt auf ein veraltetes Rechtesystem.
Wer Apps installiert, muss deren angefragte Rechte vollständig akzeptieren und kann erst durch nachträgliche Aktivierung des Rechtemanagers einzelne Erlaubnisse streichen. Unterstützung für das aktuellsten System, bei dem Apps die Android 6 geschrieben wurden neue Berechtigungen bei ihrer ersten Verwendung einzeln abfragen, gibt es nicht.
Generell befindet sich MIUI featureseitig oft noch am Level von Android 4.4 "Kitkat", das kommenden Oktober drei Jahre alt wird. Dazu ist die Einbindung von Benachrichtigungen am Sperrbildschirm nicht zuverlässig. Notifications werden nur einmalig eingeblendet und oftmals ignoriert.
Einzelbeobachtung
Während CNet und Ars Technica dem Mi 5 insgesamt flotte Performance bescheinigen, spricht man bei Android Authority von unerklärlichen Lags bei einfachen Alltagstätigkeiten – etwa Scrollen im Browser oder Videochats. Bei tatsächlich leistungsintensiven Vorgängen, wie dem Spielen grafisch aufwändiger Games, machte das Gerät hingegen keine Probleme. Auch in Benchmarks spielt der chinesische Androide in der Liga von Galaxy S7 und Co.
Fazit
Das Xiaomi Mi 5 kommt unzweifelhaft mit toller Hardware, da sind sich die Tester einig. Die Android-Adaption MIUI allerdings raubt dem Betriebssystem einige Stärken. Ars Technica spricht im Bezug auf Android 6.0 von einem "feature-tötenden Desaster". Problematische Performanceeinbrüche konnte soweit nur Android Authority bemerken, in anderen Rezensionen wird kein derartiges Phänomen vermerkt.
Folglich variieren Empfehlungen, ob man sich das Mi 5 nun zulegen sollte, oder nicht. Wer mit den genannten Schwächen leben kann und auf alternative Firmware hofft – Xiaomis Flaggschiffe erhalten üblicherweise Unterstützung von Cyanogenmod -, kann hier wohl ein Schnäppchen machen.
Unerfahrene Nutzer und solche, die lieber vom Start weg mit einem weniger veränderten Android-System arbeiten möchten, sollten sich anderweitig umsehen. Das Technikjahr ist noch relativ jung, in den kommenden Monaten ist mit dem Erscheinen einiger spannender Highend-Geräte zum Mittelklassepreis zu rechnen – etwa dem ZUK Z2 oder dem OnePlus 3. (gpi, 25.04.2016)