Florian Novak will den Radiotest reformieren.

Foto: Lounge FM / Stephan Rauch Photo

STANDARD: Die Fehler beim Radiotest sorgen für Wirbel in der Branche, umfassende Aufklärung wird gefordert. Wie kann das Vertrauen wiederhergestellt werden?

Novak: Der Radiotest ist ein Instrument aus dem letzten Jahrhundert, das der dynamischen Veränderung in der Mediennutzung ohnehin nur unzureichend Rechnung trägt. Heute ist das womöglich schwer vorstellbar, aber wer sich erinnern kann, zu Beginn des Radiotests hatte der Hörfunk quasi noch eine Monopolstellung als das einzige mobile Medium. Und entsprechend ist das Forschungsdesign, das Menschen auf ihr Erinnerungsvermögen abklopft; und, was bis vor wenigen Tagen niemand für möglich gehalten hat, vor Manipulationen nicht gefeit ist.

STANDARD: Wie kann diese Reform aussehen?

Novak: In der aktuellen Krise steckt auch eine Chance: Um das Vertrauen wiederzugewinnen, braucht es eine grundlegende, überfällige Reform, sowohl was die Methode als auch was den künftigen Auftraggeber betrifft. Der Schlüssel für den Markt – natürlich auch für die Werbekunden – ist so rasch wie möglich ein faires und nichtdiskriminierendes Abbilden der gesamten Audionutzung, das inkludiert auch die Freien Radios, das Kinderradio, aber natürlich ebenso Audiodienste wie Spotify und das Radio von Apple. Methodisch muss man hier auf Echtzeitdaten setzen, mit einem entsprechend vorbereiteten Smartphone, das die Audionutzung mittrackt – auch heute keine Hexerei.

STANDARD: Wer soll so ein komplexes Verfahren durchführen?

Novak: Elementar ist, dass diese Erhebung nicht länger von den marktbeherrschenden Marktbegleitern beauftragt wird, sondern von einem unabhängigen Dritten wie zum Beispiel der RTR (Rundfunk- und Telekom-Regulierungsstelle, Anm.). Dafür gibt es auch international Beispiele. Im Ergebnis wäre das auch eine wirksame Förderung des Marktes, weil eine Infrastruktur ohne Verzerrung des Wettbewerbs allen Stakeholdern am Markt zugute kommt und vielleicht auch die Entscheidungsgrundlage der Medienbehörde verbessert.

STANDARD: Derzeit laufen Ermittlungen, angeblich wollten Mitarbeiter "Schwankungen glätten". Haben Sie eine Idee, warum so etwas passiert?

Novak: Es zum derzeitigen Zeitpunkt völlig unklar, warum gepantscht wurde und ob ein Frostschutzmittel aus methodischen Gründen eingesetzt wurde oder um die Vergangenheit zu konservieren. Im Interesse aller Beteiligten braucht es jedenfalls im Blick nach vorn die Selbstverpflichtung, nun zum Europameister der Audioforschung zu werden. Der Weinskandal kann hier durchaus als Vorbild dienen.

STANDARD: Die Abweichungen sind "nicht zu unseren Gunsten ausgefallen", sagte Kronehit-Geschäftsführer Ernst Swoboda. Nach STANDARD-Infos hat vor allem der ORF von den fehlerhaften Erhebungen profitiert. Können Sie schon abschätzen, wie die Fehler Lounge FM betreffen?

Novak: Es geht jetzt nicht um einzelne Sender, sondern darum, das Vertrauen in die Branche und ihre Währung wiederherzustellen. Eine künftige neue Methode, die nicht unter Verdacht steht, Einzelne zu diskriminieren oder zu bevorzugen, das wäre zum Wohl aller. (Astrid Ebenführer, Oliver Mark, 22.4.2016)