Eine gut ausgestattete Wohnung im Dachgeschoß kostet in guter Lage um 20 bis 25 Prozent mehr als eine gleichwertige Wohnung im Stockwerk darunter.

Foto: Otto Immobilien

Mit Terrasse erhöht sich der Preis gleich nochmal um 20 bis 30 Prozent.

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Die Wiener wollen nicht mehr hoch hinaus – zumindest nicht in der jüngsten Vergangenheit. "Die Nachfrage im Bereich Dachgeschoßwohnungen ist seit etwa zwei Jahren am Wiener Markt nur sehr reduziert spürbar. Das Angebot an Dachgeschoßwohnungen hat zwar deutlich zugenommen, jedoch ist die Qualität häufig nicht der Nachfrage entsprechend", sagt Richard Buxbaum, Prokurist bei Otto Immobilien. Das liege daran, dass die Käufer kaum kompromissbereit seien.

Man wolle keine Schrägen, eine schöne Aussicht, Raumhöhen ab 2,70 Meter, durchdachte Grundrisse und beste Ausstattung wie Klimaanlage, Freiflächen bevorzugt auf der Wohnebene und einen Garagenplatz. "Diese Qualität ist nach wie vor gefragt", sagt Buxbaum. Viele Dachgeschoßwohnungen, die aktuell zu haben seien, seien aber eher Maisonettewohnungen und weniger richtige Penthäuser.

Dass vor allem moderne und gut ausgestattete Wohnungen stark nachgefragt sind, liegt laut Reinhard Prüfert, Geschäftsführer von ÖRAG Immobilien, daran, "dass viele Interessenten eine Freifläche haben möchten". Oft sei dies in einer gut nutzbaren Größe nur im Dachgeschoß möglich. Einer weiteren – kleineren – Gruppe von Interessenten sei es wichtig, ganz oben zu sein und keinen Lärm über sich zu haben.

"Die Qualitäten müssen heute höher sein als früher", sagt Sandra Bauernfeind, Wohnimmobilienexpertin von EHL Immobilien. Wohnungen mit Dachschrägen oder ohne Klimatisierung würden heute schwieriger Abnehmer finden.

Dachgeschoß ist keine Garantie

"Die bloße Tatsache, dass eine Wohnung im Dachgeschoß liegt, ist keine Garantie für eine gute Verwertung", sagt Elisabeth Rohr vom gleichnamigen Immobilienunternehmen. Das bestätigt auch Sebastian Nitsch von 6B47: Eine Wohnung am Dach müsse heute einen tatsächlichen "Mehrwert" bieten, beispielsweise in Form eines unverwechselbaren Ausblicks.

Zur schönen Aussicht braucht es auch hohe Räume, weil nur so der Blick richtig wirkt. "Hochwertige Dachgeschoßwohnungen vermitteln durch den Ausblick und die Helligkeit ein Gefühl der Freiheit. Dieses darf nicht durch niedrige Raumhöhen verloren gehen", sagt Prüfert. Raumhöhen seien im gehobenen Preissegment grundsätzlich wichtig, weil sie ein Gefühl von Großzügigkeit vermitteln, bestätigt auch Buxbaum und erklärt: "Mit der Raumhöhe wächst auch der Kaufpreis."

Apropos Preis: Laut Buxbaum liegen die Kaufpreise für Dachgeschoßwohnungen in Wien zwischen 4000 Euro pro Quadratmeter im günstigsten Fall und 29.000 Euro pro Quadratmeter in der Innenstadt mit tollem Blick auf den Stephansdom. "Die Preise", so Buxbaum, "hängen von sehr vielen Faktoren ab, wobei die Lage jedenfalls den größten Mehrwert hat". Auch die Mietpreise unterscheiden sich je nach Lage stark. "In der Innenstadt kostet der Quadratmeter 20 bis 22 Euro, in den Bezirken innerhalb des Gürtels sind es zwischen elf und 13 Euro und in den guten Grünlagen außerhalb des Gürtels bis zu 15 Euro", sagt Prüfert.

"Eine Terrasse ist wesentlich"

Einig sind sich alle Experten, wenn es um den Mehrwert einer Dachgeschoßwohnung geht. Im Vergleich zu einer gleichwertigen Wohnung in einem anderen Stockwerk erhöht sich der Preis einer gut ausgestatteten Dachgeschoßwohnung mit schönem Ausblick und guter Lage um 20 bis 25 Prozent. Dabei spielt auch die Terrasse eine wesentliche Rolle. Laut Buxbaum erhöht sich der Preis für eine Wohnung je nach Attraktivität der Freifläche um 20 bis 30 Prozent. Rohr sagt sogar: "Eine Dachgeschoßwohnung ohne Terrasse ist kaum verkäuflich".

Obwohl in letzter Zeit auch vermehrt kleinere Dachgeschoßwohnungen – mit 70 bis 80 Quadratmetern – am Markt auftauchen, verfügt der Großteil über weit mehr Wohnfläche. "Es ist oft aufgrund der Schrägen gar nicht möglich, viele Eingänge und kleine Einheiten zu schaffen", erklärt Rohr. Prüfert weiß: "Oft werden im Dachgeschoß und im Erdgeschoß größere Wohnungen untergebracht, die für Familien geeignet sind und über Freiflächen verfügen."

Projekt im 9. Bezirk

Auch in weniger guten Lagen werden laut Experten vermehrt Dachgeschoße ausgebaut. "In weniger guten Lagen wird man geringere Preise dafür erzielen, und oft sind auch die Ausbaukosten etwas geringer, weil der Ausstattungsstandard in diesen Lagen niedriger ist", sagt Prüfert. Dass teure Dachgeschoßwohnungen die Immobilienpreise generell nach oben treiben, glaubt Prüfert nicht. Die aktuellen Preise seien eher auf ein Missverhältnis von Angebot und Nachfrage sowie auf liquiditätsbedingten Veranlagungsdruck zurückzuführen.

In wenigen Wochen findet die Dachgleiche vom 6B47-Projekt "Living Kolin" im neunten Bezirk statt. Dann soll die Vermarktung von zwei luxuriösen Dachgeschoßwohnungen beginnen, die über 306 bzw. 384 Quadratmeter Wohnfläche verfügen. Wer diese kaufen könnte, darüber wagt man bei 6B47 noch keine Prognosen: "Aber es wird sicher wenig Vergleichbares in Wien geben." (Bernadette Redl, 24.4.2016)