Etwa ein Prozent der Bevölkerung leidet an Zöliakie. Betroffene vertragen keine Gluten – Bestandteil der meisten Getreidesorten. Sie verursachen Durchfall, Gewichtsverlust, Erbrechen, Müdigkeit, Depressionen und führt auch zu einem erhöhten Krebsrisiko.

Der Eiweißstoff Gluten löst eine Entzündung und in der Folge eine Schädigung der Darmschleimhaut aus. Wichtige Nährstoffe können nicht mehr aufgenommen werden. Eine lebenslange, glutenfreie Diät ist notwendig. Es ist daher von Bedeutung, die Erkrankung möglichst früh zu erkennen.

Nur Teile betroffen

"Gerade im Anfangsstadium ist es aber oft nicht so einfach, die Unterschiede zwischen bestehender und doch nicht vorhandener Zottenatrophie zu erkennen. Es wird zwar eine Biopsie durchgeführt, das heißt man nimmt Gewebeproben. Aber auch das kann in die Irre führen, wenn noch nicht der gesamte Darm betroffen ist und eine Probe aus gesundem Gewebe entnommen wird", erklärt Sebastian Hegenbart, der mit Andreas Uhl und Andreas Vécsei an dem Projekt arbeitet, das vom Fonds zur Förderung der wissenschaflichen Forschung (FWF) ermöglicht wird.

Wenn alles in bester Ordnung ist, schauen Bilder von gesunden Zwölffingerdarmzotten für den Laien ein bisschen aus wie eine Anemonen-Koralle aus dem Film "Findet Nemo". Bei nicht behandelten Zöliakie-Patienten fallen die Zotten durch glutenhaltige Nahrung in sich zusammen. Die Darmwand ähnelt dann eher einer wüsten Kraterlandschaft.

Eine sichere Früherkennung der Autoimmunerkrankung Zöliakie ist daher von großer Bedeutung. Eine Forschungsgruppe aus dem Fachbereich Computerwissenschaften an der Universität Salzburg arbeitet an einer Software für eine verbesserte Analysemöglichkeit.

Videos aus dem Darm

Die Forschungsgruppe am Fachbereich für Computerwissenschaften arbeitet seit 2010 an einer Software zur automatisierten, computergestützten Analyse von Zöliakie mittels Videoaufnahmen im Darm. Der Vorteil: Man könnte Zeit und Kosten sparen und auf die Biopsien verzichten.

"Der Zeitaufwand bei einer Analyse mittels Biopsie ist größer und es besteht immer ein kleines Restrisiko", so Hegenbart. Die Herausforderung für die Wissenschaftler ist dabei, ein System zu entwickeln, dass mit höchster Zuverlässigkeit krankes von gesundem Gewebe unterscheiden kann. In der Umgebung des Darms ist das oft keine so einfache Angelegenheit.

"Ein flexibles Endoskop, das über Speiseröhre und Magen eingeführt wird, liefert die Videoaufnahmen. Aber manchmal wird das Endoskop schnell bewegt oder ist sehr nah am Gewebe und liefert daher unscharfe Bilder. Manchmal tauchen Bläschen oder Reflexionen auf und machen eine Diagnose schwierig", erklärt Hegenbart das Problem.

Merkmale mathematisch erfassen

Damit das Computersystem nun kranke von gesunden Darmzotten unterscheiden kann, werden spezifische Bildmerkmale von gesundem und befallenem Gewebe auf mathematische Merkmale reduziert. Dafür verwendet wurde Bildmaterial von 400 Patienten aus dem St. Anna Kinderspital in Wien, mit dem man unter der Führung von Andreas Vécsei bei diesem Projekt kooperiert.

"Noch arbeiten wir an der Analysesoftware. Aber die Zuverlässigkeit bei der Diagnose ist schon recht gut. Wir haben zu über 90 Prozent richtige Auswertungen. Aber wir wollen die Klassifikationsgenauigkeit noch verbessern", sagt Hegenbart. Die erzielten Ergebnisse wären jedenfalls interessant für einen Endoskop-Hersteller. "Wir haben jetzt schon eine vielversprechende Grundlage für eine noch sicherere Diagnose von Zöliakie und damit für den klinischen Einsatz eines solchen Systems", ist Hegenbart überzeugt. (red, 22.4.2016)