Wenn die europäischen Finanzminister in vertrauter Runde zusammensitzen, bleibt in der Regel wenig Raum für Gefühle oder Visionen. Mehr als in anderen EU-Ratstreffen dominieren bei ihnen die Zahlen, die Kalküle, mit welchen Kosten bestimmte Politiken verbunden sind – was also machbar ist und was nicht.

Legt man diesen Maßstab an das Treffen der Eurogruppe in Amsterdam an, dann dürfte sich in der griechischen Finanzkrise seit Sommer 2015 geradezu Revolutionäres getan haben. Das Land stand damals knapp auf der Kippe zum Ausscheiden aus der Währungsunion. Das böse Wort vom Grexit war in aller Munde, Finanzminister Yanis Varoufakis der Buhmann. Kaum jemand glaubte, die radikale Links-rechts-Koalition unter Premier Alexis Tsipras könne Griechenland vor dem Untergang bewahren.

Davon ist heute keine Rede mehr. Selbst Hardliner unter den Eurofinanzministern zeigten sich positiv überrascht, wie konstruktiv Athen bei den nötigen Umbauarbeiten des Landes vorgehe. Grexit ist kein Thema mehr. Und die EU will in der Flüchtlingskrise alles mobilisieren.

Das Land ist weit von der Sanierung entfernt. Aber die politische Stimmung in Europa hat sich total gedreht. Die Europartner glauben wieder an Griechenland, geben Kredit und Vertrauen – und Geld ist gerade billig. Tsipras hat mit seinem neuen Finanzminister Efklidis Tsakalotos eine Reifeprüfung hingelegt: Er gilt als verlässlicher Partner. (Thomas Mayer, 22.4.2016)