Bregenz – Das Vorarlberger Ergebnis, zumindest das von Alexander van der Bellen, hätte sich der Vorarlberger Grünen-Sprecher Johannes Rauch für ganz Österreich gewünscht. 27,7 Prozent machte der Professor im westlichsten Bundesland, in Bregenz und Feldkirch überholte er Norbert Hofer mit über 30 Prozent. Beim vorläufigen Endergebnis trennen den ehemaligen Klubobmann der Grünen und FPÖ-Wahlsieger Hofer nur 3,6 Prozentpunkte. Hofers Vorsprung könnte sich nach Auszählung der Wahlkarten, hier punkten erfahrungsgemäß die Grünen, noch verringern.
Ähnlich wie Van der Bellen schnitt auch die unabhängige Kandidatin Irmgard Griss in Vorarlberg überdurchschnittlich stark ab. Sie kam auf 23,8 Prozent. Praktisch nicht existent ist die SPÖ im westlichsten Bundesland. Mit 4,4 Prozent sammelte Rudolf Hundstorfer nur doppelt so viele Stimmen wie Baumeister Richard Lugner. Parteichef Michael Ritsch sah die Katastrophe bereits am Sonntagmittag kommen. Ritsch zum Standard: "Hundstorfer war ein guter Sozialminister, das hätte er bleiben sollen."
Volkspartei abgestürzt
Noch nie fuhr ein Präsidentschaftskandidat der Volkspartei ein so schlechtestes Ergebnis in Vorarlberg ein wie Andreas Khol. Der langjährige Seniorenbundchef kam nur auf 10,6 Prozent. In keiner der fünf Städte schaffte er die Zehn-Prozent-Marke. Bei den bisherigen Bundespräsidentenwahlen bekamen die ÖVP-Kandidaten in aller Regel 50 bis 60 Prozent der Stimmen. Lediglich Thomas Klestil kam 1992 im ersten Wahlgang 43 Prozent. Khol unterbot das bisher schwächste Ergebnis also um satte 32,4 Prozentpunkte.
"Da gibt es gar nichts zu beschönigen", kommentierte VP-Chef Markus Wallner das Ergebnis.
Den entscheidendsten Grund für das Wahlergebnis sieht Landeshauptmann Wallner in der "sicherlich nach wie vor großen Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der Arbeit der Bundesregierung." Weitere Gründe für das schlechte Abschneiden sind für ihn "die Zersplitterung des bürgerlichen Lagers, ein holpriger Wahlkampfstart für die ÖVP aber auch die politische Großwetterlage insgesamt". Die Stimmung in der Bevölkerung sei durch die Flüchtlingsbewegung nach wie vor eher angespannt.
Zwei grüne Städte
Van der Bellen verdankt Platz zwei vor allem dem guten Abschneiden in den Städten und größeren Kommunen. In Bregenz und Feldkirch überholte er Hofer, der vor allem in den kleinen Gemeinden im Revier der Volkspartei wilderte. Irmgard Griss musste sich in allen Städten mit Platz drei begnügen, schaffte aber in Kleingemeinden respektable Ergebnisse. So gewann sie in Lech mit 37,4 Prozent der Stimmen vor Van der Bellen (25,5) und Norbert Hofer (18,5). Hofer holte sich seine besten Ergebnisse im Montafon, in St. Gallenkirch und Gaschurn kam er auf 44.1 Prozent.
Die Wahlbeteiligung lag mit 47,7 Prozent deutlich höher als 2010. Vor sechs Jahren gingen nur 37,7 Prozent zur Wahl. (Jutta Berger, 24.4.2016)