Nach 1996 (Christie’s: 3,2 Mio. Dollar) sollte Amedeo Modiglianis "Homme assis" (1918) 2008 neuerlich versteigert werden, diesmal bei Sotheby’s (18-25 Mio. Dollar). Das Gemälde blieb aufgrund der ungeklärten Provenienz unverkauft. Der NS-Entzug gilt mittlerweile als erwiesen. Das im Besitz einer Briefkastenfirma befindliche Gemälde wurde nun in Genf beschlagnahmt.

Foto: Sotheby's

Wien – Vermutungen, wonach der internationale Kunstmarkt als Geldwaschanlage fungiert, gab es schon immer. Belegbare Fälle blieben bisher allerdings rar. Die Panama Papers liefern nun erste konkretere Hinweise, dass auch in dieser Branche das Prinzip des Täuschens, Tarnens und Verstecken verbreitet ist. Wobei: Nicht alles, was anrüchig wirkt, ist auch tatsächlich illegal.

Zollfreilager zur unversteuerten und unverzollten Zwischenlagerung von Kunstwerken zu nutzen ist legitim und sowohl im Kunsthandel als auch bei Großsammlern und Investoren üblich. Und doch geraten solche Megadepots – wie jenes in Genf, wo zuletzt Kulturgüter aus Raubgrabungen entdeckt wurden – zunehmend ins Visier der Justiz. Denn trotz jüngster Verschärfungen der Gesetze ist es dort bis heute möglich, dass sich Briefkastenfirmen einmieten, ohne jedoch den tatsächlichen Besitzer nennen zu müssen.

Erste Beschlagnahme

Die Motive dafür sind unterschiedlicher Natur, wie Recherchen des Journalistennetzwerks ICIJ zeigen. Mal geht es um Sammler, die ihre Picassos, Warhols und Co besitzrechtlich in Briefkastenfirmen parken, um sie bei Scheidungsverfahren nicht "teilen" zu müssen. Dann wieder geht es um Kunsthändler, die dem Geschäft abseits der Öffentlichkeit den Vorzug geben. Dass in diesem Zusammenhang jetzt der Name Nahmad ins Spiel kam, verwundert kaum. Der weltweit tätige Clan von Kunsthändlern, die in den 1960er-Jahren aus Syrien in den Westen emigrierten und ihr Vermögen über Immobilien- und Bankgeschäfte mehrten, hortet in Genf an die 3.000 Kunstwerke, deren Wert bei kolportierten fünf Milliarden Dollar liegen soll.

Wegen Geldwäsche und verbotenen Glücksspiels ermittelte das FBI bereits 2013 gegen Helly Nahmad. Der New Yorker Kunsthändler, ein bei den großen Auktionshäusern überaus bekannter wie beliebter Klient, wurde verurteilt. Jetzt wurde bekannt, dass die Familie das Modell einer Briefkastenfirma zu nutzen verstand, um ein in der NS-Zeit abhandengekommenes Kunstwerk zu verstecken, das seit dem Jahre 2011 Gegenstand einer gerichtlichen Auseinandersetzung ist: Amedeo Modiglianis "Homme assis" (1918), das 1996 für 3,2 Millionen Dollar bei Christie's in London versteigert wurde.

Der Käufer war laut "Süddeutscher Zeitung" die in Panama registrierte Firma International Art Center S.A., die Hellys Vater Davide Nahmad gehören soll. Daraufhin wurde das Gemälde formell im Genfer Freeport beschlagnahmt. Es wird nicht der letzte Besuch der Behörden gewesen sein. (Olga Kronsteiner, 25.4.2016)