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Mit Musik geht sprichwörtlich alles leichter. Auf den frühkindlichen Spracherwerb dürfte das jedenfalls zutreffen.

Foto: Rainer Dittrich / Westend61 / picturedesk.com

Seattle/Wien – "Es schwinden jedes Kummers Falten, solang des Liedes Zauber walten", dichtete einst Friedrich Schiller in "Die Macht des Gesanges". Das gilt zwar nicht für alle Menschen, wie Forscher 2014 in "Current Biology" nachweisen konnten: Personen mit einer speziellen psychischen Disposition, einer sogenannten musikalischen Anhedonie, lässt Musik einfach kalt. Das hat vermutlich mit dem Belohnungssystem in ihrem Gehirn zu tun.

Bei den meisten Menschen bewirkt Musik aber erstaunlich viel – und das lässt sich seit dem Aufkommen entsprechender bildgebender Verfahren auch im Hirn messen, mitunter sogar dauerhaft. So konnten etwa Forscher der Universität Jena vor einigen Jahren zeigen, dass Profimusiker in einigen Gehirnbereichen andere Strukturen aufweisen als Laien oder Nichtmusiker.

Rhythmus, Baby

Die Frage, wie die frühe Entwicklung von Kindern mittels Musik positiv beeinflusst werden kann, ist vor diesem Hintergrund längst ein eigenes Forschungsfeld. Dass Rhythmen im Gehirn sehr präzise mit Sprache synchronisiert sind und dadurch helfen, fortlaufenden Sprachfluss zu verstehen, konnte bereits in früheren Studien an Erwachsenen gezeigt werden. Forscher um Christina Zhao und Patricia Kuhl (University of Washington) untersuchten nun, ob und wie sich musikalische Rhythmen auf die Sprachentwicklung von Babys auswirken.

In ihrem Experiment, das nun im Fachblatt "Pnas" erschien, untersuchten sie insgesamt 39 Babys im Alter von neun Monaten über einen Zeitraum von einem Monat hinweg. Die jungen Probanden wurden in zwei unterschiedliche Spielgruppen eingeteilt: 20 Babys absolvierten in Begleitung ihrer Eltern regelmäßig 15-minütige musikalische Aktivitäten im Labor. Auf ihrem Programm stand gemeinsames Klopfen und Trommeln, möglichst im Rhythmus der abgespielten Musik. Die Forscher machten es den Studienteilnehmern dabei nicht ganz leicht: Sie spielten ihnen ausschließlich Stücke im Dreivierteltakt vor.

Deutliche Differenzen

Die 19 Babys in der Kontrollgruppe verbrachten ihre Zeit ohne Musik, dafür mit Spielzeugautos und Bauklötzen. Nach insgesamt zwölf Sitzungen wurde dann bei allen Kindern die Gehirnaktivität mittels Magnetoenzephalographie (Meg) gemessen. Zeitgleich wurden nun allen Babys Musik und Sprachaufnahmen vorgespielt, allerdings mit mehrmaligen abrupten Unterbrechungen.

Die Gehirnmessungen fielen dabei höchst unterschiedlich aus: Die Babys aus der Musikgruppe zeigten im Hörzentrum und im präfrontalen Cortex viel deutlichere Reaktionen auf die Unterbrechungen. Im Gegensatz zu den Kindern aus der Kontrollgruppe war bei ihnen das Erkennen der rhythmischen Muster in Musik und Sprache also ausgeprägter, interpretieren die Forscher das Ergebnis.

"Unsere Studie stützt die These, dass durch musikalische Rhythmuserfahrung auch die Fähigkeit verbessert werden kann, Muster in der Sprache zu erkennen", schreibt Erstautorin Zhao und ergänzt: "Das zeigt einmal mehr, welches Potenzial Musik hat, kognitive Fähigkeiten bei Kindern anzuregen." (David Rennert, 26.4.2016)