Michael Häupl schätzt "gefühlsmäßig", dass es 2017 zu Neuwahlen kommt. Das sei allerdings "kein Wunsch, sondern eine Analyse".

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Wien – Einen Tag nach dem SPÖ-Präsidium hat Wiens Bürgermeister Michael Häupl in einem Gespräch vor Journalisten erklärt, er respektiere die Meinung jener in der Partei, die nach der Schlappe bei der Präsidentschaftswahl Personaldebatten führen. Er wolle sich daran allerdings nicht beteiligen, denn damit "verhärte" man Positionen in der Partei. Vielmehr gehe es um eine inhaltliche Neupositionierung und eine Strategiediskussion, die ernsthaft geführt werden müsse – "nicht vor laufenden Kameras". Man werde keine "personelle Sau durch die Stadt treiben", so Häupl.

Viel Zeit habe man aber nicht für eine Neupositionierung, man habe schließlich schon viel Zeit verstreichen lassen. Häupl geht es darum, verständlicher und lösungsorientierter zu kommunizieren. Man müsse die "Sprache der Vorstadt" verwenden. Er greift auch Funktionäre in der Partei an, bei denen "der Leidensdruck noch nicht groß genug" zu sein scheine. Man müsse diese Funktionäre in Zukunft "verstärkt in die Lage versetzen", potenzielle Wählerinnen und Wähler argumentativ von der SPÖ überzeugen zu können.

Häupl erwartet Neuwahlen 2017

Der Weg in der Koalition könne jedenfalls nicht sein, dass die SPÖ alles macht, was die ÖVP vorschlägt. Man müsse sich gegenseitig respektieren: "Nach dem Diktat der ÖVP wird die SPÖ sicher nicht tanzen." Häupl glaubt dennoch nicht, dass die Koalition bis 2018 halten wird. Er schätzt "gefühlsmäßig", dass es 2017 zu Neuwahlen kommt. Das sei allerdings "kein Wunsch, sondern eine Analyse" dessen, was ÖVP-Vertreter bereits in Interviews sagen würden. Häupl bezieht sich unter anderem auf das Interview mit Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll im STANDARD. Darin kritisiert Pröll Bundeskanzler Werner Faymann scharf, unter anderem wegen der SPÖ-Position zur Mindestsicherung.

Die Frage, warum Rudolf Hundstorfer so schlecht abgeschnitten habe, will Häupl nicht beantworten, weil er dann "nicht ohne Schuldzuweisungen auskommen" würde. Im zweiten Wahlgang werde er nun Alexander Van der Bellen wählen.

Absage an Rot-Blau

Eine Kluft in der SPÖ sieht Häupl nicht, schon gar nicht in der Wiener Landesorganisation, wo ein einstimmiger Beschluss zur Flüchtlingslinie vorliege. Auch mit Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl stimme er in vielen Punkten überein: "Wenn Schengen de facto außer Kraft gesetzt ist, müssen Grenzen kontrolliert werden." Man müsse wissen, wer ins Land komme, und die organisierte Kriminalität der Schlepper bekämpfen. Häupl schließt wie Niessl eine Mitgliederbefragung nicht aus. Man müsse genau überlegen, welche Fragen man stelle.

Von der FPÖ könne die SPÖ einiges lernen, gab Häupl zu – im offensiven Auftreten und in der Social-Media-Strategie. Davon, dass die SPÖ einige Zeit in Opposition gehen solle, um sich zu erholen, hält Häupl nichts. Eine Koalition mit den Blauen kommt für ihn nach wie vor nicht infrage: "Ich sehe keine inhaltlichen Überschneidungen."

Mitterlehner: "Netter Quatsch"

Eher gereizt reagierte Vizekanzler Reinhold Mitterlehner auf Häupls Ansage. Am Rande des Integrationsgipfels mit den Sozialpartnern sagte der ÖVP-Chef: "Das ist ein recht netter Quatsch." Überhaupt habe er keine Lust, über jede Gefahr oder jeden Termin zu reden, auch wenn noch so wichtige Personen über so etwas spekulieren. Auch Kanzler Werner Faymann (SPÖ) kommentierte Häupls Aussagen nur knapp: "Wahltag ist 2018. Unsere Aufgabe ist, sehr und gut zusammenzuarbeiten." (Rosa Winkler-Hermaden, APA, 26.4.2016)