Athen – Die Chancen für einen erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen Griechenlands und seiner Gläubiger sinken. Eine angestrebte Tagung der Eurogruppe am kommenden Donnerstag zum Thema Griechenland sei in der Schwebe, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Kreisen des Finanzministeriums.
Das größte Problem sollen neben einem nahezu ausverhandelten 5,6 Milliarden Euro schweren Sparpaket weitere Maßnahmen im Umfang von rund 3,6 Milliarden Euro sein. Dieses zweite Paket soll auf Vorrat beschlossen werden und in Kraft treten, falls die Griechen bis 2018 das gesetzte Ziel, einen Überschuss von 3,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) vor Abzug der Kreditzinsen, nicht erreichen. Ohne die Billigung dieser Maßnahmen kann kein Geld nach Athen fließen.
Schwierige Einigung
Athen schlägt vor, dass eine Art "automatischer fiskaler Stabilisator" in Kraft treten sollte: Verfehle Athen sein Ziel beispielsweise um zehn Prozent, sollen dem "automatischen Stabilisator" nach alle Staatsausgaben um zehn Prozent gekürzt werden. Konkrete Sparmaßnahmen sollen dagegen nicht vom Parlament gebilligt werden. Das Problem ist nach Darstellung der griechischen Seite, dass die Gläubiger genau das Gegenteil forderten: Die Sparmaßnahmen auf Vorrat sollen ihrem Willen nach genau bestimmt und gebilligt werden.
Dies könne die Regierung unter Alexis Tsipras politisch nicht schaffen. Im Parlament mit 300 Sitzen hat sie nur noch eine hauchdünne Mehrheit von 153 Abgeordneten. Die entscheidende Abstimmung für Tsipras soll nächste Woche stattfinden. Zahlreiche Abgeordnete könnten abweichen. Viele von ihnen haben sonst Angst, zum griechischen Osterfest am 1. Mai ihre Wahlkreise zu besuchen – so erhitzt seien die Gemüter der Wähler der regierenden Syriza-Partei.
Es gibt bereits Gerüchte, Tsipras könnte wieder taktieren und Neuwahlen provozieren. Sollte er sie verlieren, müssten die Konservativen sein eigenes schweres Sparprogramm in die Tat umsetzen. Die kleineren Oppositionsparteien zeigen bisher keinen Willen, Tsipras mit den Stimmen ihrer Abgeordneten zu helfen.
Gewerkschaft mobilisiert
Die Gewerkschaften rufen bereits zum "Aufstand gegen die Sparmaßnahmen-Grabstein", wie sie die neuen Pensionskürzungen und Steuererhöhungen nennen. Die Rentner sollen 1,8 Milliarden Euro verlieren. Die Steuern und die indirekten Steuern sollen um jeweils 1,8 Milliarden Euro erhöht werden.
"Wir geraten langsam wieder in die Sackgasse", sagt ein Mitarbeiter des Finanzministeriums, der als Experte an den Verhandlungen teilnimmt, der Deutschen Presse-Agentur. Ohne die Billigung dieser Maßnahmen kann nämlich kein Geld vom Hilfspaket in der Höhe von bis zu 86 Milliarden Euro nach Athen fließen, das die Gläubiger im vorigen Sommer für Athen bereitstellten. Andere Regierungsquellen sagten dagegen, man müsse "starke Nerven zeigen", Tsipras werde es schaffen und das Land aus der Krise führen.
Jeder Tag, der vergeht, bringt Athen einer Pleitesituation näher; die Kassen sind fast leer. Athen kratzt die letzten Geldreserven aller staatlicher Institutionen zusammen. Sogar das Parlament musste am Vortag 67 Millionen Euro an die Zentralbank überweisen, berichteten griechische Medien. (APA, 26.4.2016)