Tanja Wehsely (SPÖ) fordert den Rücktritt von Kanzler Werner Faymann.

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Herumeiern und Beschwichtigen ist ihre Sache nicht. Der SPÖ-Wahlkampf für Rudolf Hundstorfer? "Er wurde vernudelt, lieblos gestaltet, es gab fast keine Unterstützung seitens der Bundespartei." Soll Bundeskanzler Werner Faymann zurücktreten? "Ja, ich finde schon. Es geht sich nimmer aus. Diese Stimmen werden nicht mehr verstummen", sagt Tanja Wehsely dem STANDARD. Dass es beim Maiaufmarsch der SPÖ am 1. Mai zu Protesten gegen Faymann kommt, sei "so sicher wie das Amen im Gebet".

Die stellvertretende Klubchefin der SPÖ im Wiener Rathaus ist eine der Anführerinnen jener Fraktion innerhalb der Roten, die sich nach dem Wahldebakel für eine personelle wie inhaltliche Neuausrichtung der Partei ausspricht. Man müsse tabulos über jede Personalie diskutieren können, sagt Wehsely, die dem linken Flügel der SPÖ zuzurechnen ist.

Klare Linie wird vermisst

Die Genossen würden bei Faymann, vor allem beim Kurs in der Flüchtlingsfrage, eine klare Linie vermissen. Bei der Wahl hätte man die Rechnung präsentiert bekommen. "Ein Chef ist ein Chef", sagt Wehsely, das müsse unemotional gesehen werden. Und als solcher müsse er die Konsequenzen ziehen. Wehsely spricht sich wie Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser für eine Vorverlegung des Parteitags aus. Eine Entscheidung über die Neuausrichtung der Partei müsse "so rasch wie möglich" fallen.

Tanja Wehsely (43) ist in einer durch und durch roten Wiener Familie aufgewachsen. Politisch engagiert hat sie sich – verglichen mit ihrer um zwei Jahre älteren Schwester, der Stadträtin Sonja Wehsely – spät. Als letzter Auslöser, Farbe zu bekennen, gilt für sie die erste schwarz-blaue Koalition 2000. "Anders als Sonja war ich kein Jugendorganisationsmensch", sagt die diplomierte Sozialarbeiterin. Tanja Wehsely hat sich lieber anderweitig eingebracht und Musik gemacht – puren Rock, "den leiwanden". Noch heute singt die Mutter eines Sohnes mit ihrem Mann Adam in der Gruppe Extra:Gone oder spielt Cover-Songs mit der familieneigenen Band.

Professionelle Beziehung zu Schwester Sonja

Wehsely arbeitete bis zu ihrem Einzug in den Gemeinderat 2007 für den Verein Wiener Jugendzentren. 2009 wurde sie Vizeklubchefin des SPÖ-Rathausklubs. Seit Dezember 2015 ist sie die erste Frau, die dem Wiener Gemeinderatsausschuss für Finanzen, Wirtschaft und Soziales vorsitzt. Die berufliche Beziehung zu Sonja beschreibt sie als "professionell. Wir sind gerne Schwestern. Aber keine bevorzugt die andere." (David Krutzler, 26.4.2016)