Gunnar George gibt seit einem Jahr bei Leiner und Kika die Richtung vor: "Für Diskonter braucht es die richtige DNA."

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Wien – Er gilt als smarter Zahlenmensch, der bei Sanierungen nicht zimperlich vorgeht. Gunnar George strich für frühere Arbeitgeber unverzüglich hunderte Jobs und kürzte großflächig die Gehälter. Jetzt ist der gebürtige Deutsche Chef von Leiner und Kika – lässt sich aber nur ungern Sanierer nennen. Es gehe ihm nicht darum Mitarbeiter heimzuschicken, sagt er. Er bringe Marken voran, verbessere Prozesse und spare Kosten.

George steht vor einer Baustelle. Österreichs zweitgrößter Möbelkonzern hat massiv Umsatz verloren, der überwiegend dem Erzrivalen Lutz zufloss. Mehr als 200 Millionen Euro kamen in den vergangenen Jahren abhanden, vor allem Leiner ließ Federn.

Aufgefettete Bilanz

Die vor kurzem vermeldete Rückkehr in die Gewinnzone – Leiner und Kika verbuchten gemeinsam ein Betriebsergebnis von 24 Millionen Euro bei rund 880 Millionen Euro Umsatz – hat zudem besonderer Anstrengungen bedurft. So hätten unter anderem Beratungsleistungen für den Eigentümer, die südafrikanische Steinhoff-Gruppe, die Bilanz stark aufgefettet, meinen Unternehmenskenner. Dass der Einrichtungshändler ohne Sondererlöse nach wie vor in den roten Zahlen stecken würde, weist George jedoch im STANDARD-Gespräch scharf zurück.

"Das ist Unsinn. Wir verdienen operativ in Summe Geld." Das gelte auch für das laufende Geschäftsjahr. Noch seien die Gewinne nicht zufriedenstellend und die Umsätze jährlich um vier bis fünf Prozent gesunken. "Aber wir sind auf einem guten Weg."

Vorerst keine Schließungen

Gerüchte in der Branche, dass Steinhoff beim Einstieg vertraglich zusicherte, in Österreich fünf Jahre lang, also bis 2018, keinen der Standorte zu schließen, zerstreut er. "Davon ist mir nichts bekannt." Fakt sei: Solange der Umsatz passe, keine Gefahr in Verzug sei, halte man an allen Häusern fest.

Jährlich will Steinhoff 30 bis 60 Millionen Euro in Österreich investieren und drei bis vier Häuser umbauen. George stellt nun die Logistik neu auf: In Kärnten, Oberösterreich und im Westen sucht er dafür, wie er bestätigt, weitere Lager. Bis Jahresende soll auch die neue Struktur der Lieferanten stehen: Sie sollen zu 60 Prozent Eigenmarken des Konzerns bedienen, sprich Marken des deutschen Möbelverbands Begros, aus dem Lutz ausschied, ehe Leiner und Kika eintraten. Ziel sind bessere Einkaufskonditionen.

Nachzügler im Onlinehandel

Von grobem Vorgehen ist unter Zulieferern, die mit Handelslabels austauschbarer werden, die Rede. George relativiert: Natürlich produzierten viele Betriebe lieber unter ihren eigenen Marken. Letztlich aber habe man sich bisher von keinem einzigen namhaften Hersteller in Österreich getrennt.

Gehen musste jüngst der Verkaufsleiter. Ihn ersetzen zwei deutsche Manager, einer sammelte als Baumax-Chef Erfahrung. George sieht Nachholbedarf im Onlinehandel, die Konkurrenz sei Leiner und Kika da weit voraus. Nun werde an einem Webshop für Leiner gearbeitet, jener für Kika erfahre bis Herbst einen Relaunch. Mit Shop-in-Shops zieht zudem die Accessoire- und Einrichtungskette Depot in viele der Möbelhäuser ein. Sie sei, wie George sagt, ein guter Frequenzbringer. Das ist auch die Gastronomie: Das strategisch wichtige Geschäft war bei Kika und Leiner einst ausgelagert – nun sei es und bleibe es integriert.

Zeit für vernünftiges Konzept

Wann genau Steinhoff die geplante Billigschiene in Österreich startet, lässt George offen. Dass dieser Markt überbesetzt sei und der Einstieg zu spät erfolge, wie Marktbeobachter sagen, lässt er nicht gelten. "Für ein vernünftiges Konzept ist es nie zu spät."

Die Idee des zusätzlichen Diskonters hätte im Konzern schon lange geschwelt – "dafür braucht es aber die richtige DNA, Leute, die was davon verstehen." Einen Mix aus Mömax und Möbelix auf kleiner Fläche soll Steinhoff im Sinne haben, erzählen Involvierte. George: "Wir kopieren nichts, hinterlassen unseren eigenen Fußabdruck."

Langfristige Investition

Dem Geschäft seinen Stempel aufsetzen wird wohl auch Peter Pohlmann. Der Gründer des deutschen Diskonters Poco, um den juristische Fehden zwischen Steinhoff und Lutz-Eigentümer Andreas Seifert entbrannt sind, ist Aufsichtsratschef der Gruppe und gilt als graue Eminenz. Die Marke Poco wird im Übrigen nicht nach Österreich kommen. Eine entsprechende ursprüngliche Absicht Steinhoffs soll den Konflikt mit Seifert zusätzlich befeuert haben.

Steinhoff will an Leiner und Kika auf jeden Fall langfristig investiert bleiben, sagt George. Und erteilt Spekulationen eine Absage, wonach die deutsche Höffner-Gruppe jüngst wieder Interesse an den beiden Unternehmen gezeigt haben soll. Vor der Übernahme durch die Südafrikaner soll auch mit ihr über den Abtausch von Anteilen verhandelt worden sein. Doch Kika-Gründer Herbert Koch wollte den Gesamtverkauf. (Verena Kainrath, 27.4.2016)