Funde aus dem Salzbergwerk Hallstatt in der Ausstellung des Naturhistorischen Museums Wien.

Foto: NHM Wien/Christian Seisenbacher

Der Forschungsstollen im Salzbergwerk Hallstatt. Rechts im Bild sieht man deutlich die tausenden Leuchtspäne.

Foto: NHM Wien/Andreas W. Rausch

Die platzsparenden Kompaktregale im Tiefspeicher des Naturhistorischen Museums.

Foto: NHM Wien/Christian Seisenbacher

Hier werden Funde inventarisiert.

Foto: NHM Wien/Christian Seisenbacher

Die einzelnen Funde werden mit einer Inventarnummer versehen.

Foto: NHM Wien/Christian Seisenbacher

Einer von tausenden inventarisierten Leuchtspänen aus dem Salzbergwerk Hallstatt.

Foto: NHM Wien/Christian Seisenbacher

Sortierte, inventarisierte und eingeordnete Funde im Tiefspeicher des Naturhistorischen Museums.

Foto: NHM Wien/Christian Seisenbacher

Wer an Archäologie denkt, hat viele verschiedene Bilder im Kopf. Schuftende Menschen auf Ausgrabungen, die mit Schaufel, Kelle und Pinsel Funde freilegen. Ein Museum voller Vitrinen, in denen Schätze, Skelette und allerhand menschliche Hinterlassenschaften ausgestellt sind. In jedem Fall spielen Funde in der Vorstellung von Archäologie eine große Rolle. Doch welche Wege geht ein Fundstück zwischen seiner Auffindung und Ausstellung eigentlich? Und was passiert mit den Unmengen an nicht ausgestellten Objekten?

Abseits der Vitrinen

Bleiben wir beispielsweise bei den prähistorischen Hinterlassenschaften aus dem Salzbergwerk Hallstatt. Sie werden aus dem Berg geborgen, und schon vor Ort beginnen die Arbeiten zur Erhaltung und Konservierung der Fundstücke. Erst wenn sie entsalzt und gesichert sind, treten die Funde ihren Weg ins Museum an. In diesem speziellen Fall, einer Forschungsgrabung des Naturhistorischen Museums, ist neben der Forschung die Erhaltung der Fundstücke ein ebenso wichtiges Ziel. Denn Museen sind eben nicht nur dazu da, Wissen rund um archäologische Funde und Befunde zu vermitteln und diese auszustellen. Eine der wichtigsten Aufgaben des Naturhistorischen Museums ist neben der Forschung, das zu untersuchende Material und die darüber gewonnenen Erkenntnisse zu bewahren.

Der Prozess der Forschung wäre nicht möglich ohne vorhergehendes Wissen, auf dem aufgebaut werden kann. Die Funde, über die dieses Wissen gewonnen wurde, sollten allerdings weiterhin zugänglich für künftige Untersuchungen sein – auch um Erkenntnisse darüber nachvollziehen oder aber widerlegen zu können, also die Forschungsbasis künftiger Generationen zu sichern und die Möglichkeit weiterentwickelter analytischer Methoden einzukalkulieren. Um das zu gewährleisten, wurden vom Bundesdenkmalamt für die Konservierung und Lagerung von archäologischen Funden Standards entwickelt, die einen Leitfaden für die archäologische Forschung darstellen.

Hinter den Kulissen

Bei der Menge an Fundmaterial, die auf einer durchschnittlichen Ausgrabung zusammenkommt, ist nachvollziehbar, dass nicht alles davon in den Schausälen eines Museums ausgestellt werden kann. Streng genommen sind es nicht einmal zehn Prozent der vorhandenen Funde. Was passiert aber mit dem Rest? Der lagert in den Tiefen des Depots unter dem Naturhistorischen Museum, dem Tiefspeicher. Klingt nach einem Keller voller Pappkartons? Keineswegs! Die unzähligen Fundstücke, die der Tiefspeicher beherbergt, müssen nach strengen Auflagen inventarisiert, konserviert und gelagert werden.

Klima, Licht und Schädlinge

Die technischen Anforderungen an dieses Museumsdepot sind nicht gerade niedrig. Denn so einem Fund kann, je nach Material, einiges gefährlich werden. Zu hohe Temperaturen oder Luftfeuchtigkeit und vor allem Schwankungen dieser Parameter, zu viel UV-Strahlung, Staub, Schmutz, Schadstoffe, Schädlinge aller Art und nicht zu vergessen: Diebe.

Mit dem Institut für Konservierung und Restaurierung der Universität für angewandte Kunst wurden die idealen Verfahrensweisen für den Umgang mit den Bergwerksfunden erarbeitet. Es handelt sich beim Tiefspeicher also um einen vollklimatisierten Raum, in dem eine Temperatur von 16 °C und 55 Prozent Luftfeuchtigkeit konstant gehalten werden. Die Beleuchtung ist weitgehend UV-frei, die Luftreinigung erfolgt über eine staubfreie Lüftungsanlage. Der gesamte Raum ist alarmgesichert und wird auf Schädlinge überwacht. Zudem muss er genügend Platz für die jährlich größer werdende Anzahl an Funden bieten.

Ordnung muss sein

Und wie kommt der Fund ins Depot? Das Fundmaterial einer Grabungskampagne aus dem Salzbergwerk in Hallstatt kommt, nach Fundnummer sortiert, im Museum an. Diese Nummer bezieht sich, je nach Art des Fundes, auf ein exakt in der Fundstelle eingemessenes Einzelstück oder viele Objekte, die zusammen aus demselben Areal geborgen wurden. Zuallererst müssen die einzelnen Stücke also sortiert werden. Alle Leuchtspäne eines Fundpostens zueinander, alle bearbeiteten Holzstücke, alles wird, nach Fundnummer geordnet, in säurefreie Kartonschachteln verpackt. Besonderheiten wie Lederstücke und Textilfragmente durchlaufen noch eine spezielle Oberflächenfreilegung und werden separat gelagert. Anschließend wird jedes einzelne Fundstück beziehungsweise jeder einzelne Fundposten inventarisiert. Ihm wird also eine einmalig vergebene, klar zuordenbare Inventarnummer zugewiesen, die, mit einer detaillierten Beschreibung des Fundes und seines Standorts im Depot, in einer Datenbank abgespeichert wird.

Freiwillige Helfer

Im nächsten Arbeitsschritt wird jeder einzelne Fund mit dieser Inventarnummer beschriftet. Ja, das heißt tatsächlich, jedes Holzstück, jedes Bronzefragment, jeder Pickelstiel und auch (fast) jeder der tausenden Leuchtspäne, die zu Untersuchungszwecken aufgehoben werden, wird einzeln und in Handarbeit so beschriftet, dass er auch in Zukunft noch exakt zuzuordnen ist. Klingt nicht machbar? Wäre es auch nicht, würden nicht unzählige freiwillige Helfer das Naturhistorische Museum unterstützen. Diese Leute arbeiten, meist in ihrer Pension, unentgeltlich für viele Abteilungen des Museums und erledigen wesentliche Aufgaben wie die Beschriftung der Fundstücke, die ohne ihren Einsatz nicht zu schaffen wären. An dieser Stelle ein herzliches Danke dafür! Dann erst werden die jetzt schadstofffrei verpackten und inventarisierten Fundstücke in Schubladen geordnet und an dem vorher zugewiesenen Ort ihrer endgültigen Lagerung einsortiert.

Wozu aber diese ganze Mühe? Nun, nur so kann gewährleistet werden, dass bei jedem Objekt eindeutig nachzuweisen ist, welchem exakten Fundort es zuzuordnen ist, in welchem Jahr es gefunden wurde, welche Untersuchungen es durchlaufen hat und wo es gelagert wird – es also mit keinem anderen Fundstück verwechselt werden kann. Auf diese Weise können auch nachfolgende Generationen mit der gleichen Information und damit wissenschaftlichen Grundlage über die Fundstücke arbeiten, die jetzigen Erkenntnisse weiterentwickeln oder widerlegen, das Material untersuchen oder kurz gesagt: forschen. (Fiona Poppenwimmer, Hans Reschreiter, 28.4.2016)