Querschnitt-Visualisierungen: die künftige U2/U4-Station Pilgramgasse.

Grafik: Gemeinde Wien/OLN.at

Die künftige U2/U5-Station Rathaus.

Grafik: Gemeinde Wien/OLN.at

Die künftige U2-Station Reinprechtsdorfer Straße.

Grafik: Gemeinde Wien/OLN.at

Wien – Ulrike Sima und Maria Vassilakou waren sich am Donnerstag einig: Die U-Bahn bilde das Rückgrat des öffentlichen Verkehrs in Wien und genieße als solches Priorität in der Frage des Ausbaus. Während die städtischen Grünen stets auf die Wichtigkeit von Bus und Straßenbahn gepocht hatten, zeigte sich ihre Obfrau und Verkehrsstadträtin Vassilakou bei der Präsentation der neuen U2/U5-Ausbaustufe als Verfechterin der U-Bahn. Stadtwerke-Stadträtin Sima musste sie nicht überzeugen, denn aus deren SPÖ war der nachdrückliche Impuls für ein neues unterirdisches Linienkreuz gekommen.

So stellten Sima und Vassilakou in formeller Eintracht die Details eines der größten U-Bahn-Projekte in der Bundeshauptstadt vor. Wie schon seit dem Beschluss vor knapp zwei Jahren bekannt, wird die türkise und selbstfahrende Linie U5 die Lücke in der fortlaufenden Liniennummerierung schließen und dabei den Südast der jetzigen Linie U2 von Karlsplatz bis Rathaus übernehmen. Ab dort wird eine Neubaustrecke unter dem neunten Gemeindebezirk nach Nordwesten zum Gürtel bei Michelbeuern und darüber hinaus bis zum Elterleinplatz führen. Die U2 hingegen erfährt beim Rathaus eine Verlängerung nach Süden über Neubaugasse, Pilgramgasse und Matzleinsdorfer Platz bis Wienerberg. Die erste Ausbaustufe umfasst die U2-Stationen bis Matzleinsdorfer Platz und die U5-Station Frankhplatz; die Arbeiten sollen 2018 beginnen und Ende 2023 abgeschlossen sein.

Grafik: APA/Wiener Linien

Station für Station

Wo exakt die Trassen verlaufen und die Stationen die Fahrgäste an die Stadtoberfläche spülen werden, wurde bei der Pressekonferenz im Rathaus anhand von Visualisierungen gezeigt.

Bei der Station Rathaus wird die künftige Linie U5 die bestehende Infrastruktur der U2 übernehmen, diese wiederum erhält neue Bahnsteige auf einem tiefer liegenden Niveau. Bei der Haltestelle der Linie 2 an der Kreuzung Josefstädter Straße und Landesgerichtsstraße entsteht ein neuer Abgang für beide Linien.

Die vorerst einzige neue U5-Station Frankhplatz wird an die Straßenbahnlinien 43 und 44 angebunden sein; sie erhält Abgänge in der Schwarzspanierstraße und beim Frankhplatz an der Ecke des Landesgerichtsgebäudes.

Die U2-Station Neubaugasse wird sich mit der bestehenden U3-Station überlagern und nach der U1/U3-Station Stephansplatz zum wichtigsten Knotenpunkt im U-Bahn-Netz werden. Einen Rekord wird die Neubaugasse dann dem Stephansplatz abnehmen: Mit 37 Metern unter Gehsteigniveau wird sie der U2-Bahnsteig zur tiefstliegenden U-Bahn-Station in Wien machen.

Auch die Station Pilgramgasse wird künftig eine Umsteigegelegenheit bieten, in diesem Fall von der U2 zur U4 und vice versa. Die neuen U2-Röhren werden unter die U4 und den Wien-Fluss getrieben (siehe Visualisierung links). In der Sonnenhofgasse und der Hofmühlgasse wird es auf beiden Seiten des Flusses neue Aufnahmegebäude geben.

An der Reinprechtsdorfer Straße wird die erste U-Bahn-Station im Bezirk Margareten abseits des Wien-Flusses liegen. Sie soll die U2 mit den Buslinien 59A (bei einem neuen Stationsgebäude in der Spengergasse nahe dem Bacherpark) und 13A (bei einem neuen Gebäude im Bereich Siebenbrunnengasse) verknüpfen.

Die Station Matzleinsdorfer Platz wird der dritte Umsteigeknoten von der U-Bahn in die S-Bahn im Süden der Stadt. Ab 2023 wird neben der U1 am Hauptbahnhof und der U6 in Meidling auch die U2 den Südabschnitt der Schnellbahn-Stammstrecke kreuzen. Neue Zu- und Abgänge, die auch zu den Ustrab-Stationen der Linien 1, 6, 18, 62 und Badner Bahn führen, wird es in der Gudrunstraße und bei der Reinprechtsdorfer Straße geben.

Grafik: Gemeinde Wien

Die zweite Ausbaustufe sieht in den 2020er-Jahren die Adaption der Station Michelbeuern zum U5/U6-Hub und den Bau der neuen Stationen Gußriegelstraße und Wienerberg (jeweils U2) sowie Arne-Carlsson-Park und Elterleinplatz (jeweils U5) vor. Weitere Verlängerungen der U5 in den Westen und der U2 in den Süden wurden bisher weder dementiert noch bestätigt.

Das Design der neuen Stationen soll laut Wiener Linien "wie aus einem Guss erscheinen". Die U5-Infrastruktur soll "zusätzliche architektonische Akzente setzen", die neuen U2-Stationen sich an der bestehenden Gestaltung der Stationen Praterstern, Taborstraße und Schottenring orientieren.

Die Investitionssumme für den U-Bahn-Ausbau beträgt nach jetzigem Stand 950 Millionen Euro. Dadurch sollen in den nächsten Jahren 16.000 Vollzeitstellen entstehen, das mittelfristige Ergebnis dieser Arbeit soll unter anderem eine Entlastung des bestehenden U-Bahn-Netzes um bis zu 20 Prozent sein. Die neue Station Frankhplatz und der künftige Knotenpunkt Rathaus sollen die Fahrgastfrequenz der Station Schottentor sogar um ein Drittel reduzieren.

Vision und Kritik

Derzeit spricht laut Presseunterlagen nichts gegen eine Vollendung der ersten Ausbaustufe bis 2023. 46 Probebohrungen hätten die erwarteten Ergebnisse gebracht, bis Ende Oktober sollen weitere 63 Bohrungen analysiert werden. Um Anrainer und Interessierte über die Baufortschritte zu informieren, wird ab Mitte Mai in der Wiener Planungswerkstatt die Ausstellung "Wien! In Arbeit" gezeigt, in der jetzigen U2- und späteren U5-Station Volkstheater soll ein Besucherzentrum namens "Forum Volkstheater" ähnliche Aufgaben erfüllen. "Eine neue U-Bahn wird nicht jeden Tag gebaut, da ist das Interesse natürlich groß", sagte Wiener-Linien-Geschäftsführer Günter Steinbauer.

Von politischer Seite gab es am Donnerstag trotz Aufbruchstimmung aber auch Kritik an der Vision. Der Wiener ÖVP-Obmann Gernot Blümel freute sich zwar über die Umsetzung der "langjährigen ÖVP-Forderung" einer U-Bahn-Station Reinprechtsdorfer Straße, kritisierte aber, dass auf dem neuen U2-Südast keine Station zwischen Rathaus und Neubaugasse in der Josefstadt vorgesehen ist. SPÖ und Grüne würden an den Menschen vorbeiplanen, so Blümel in einer Aussendung. Die ÖVP kündigte deshalb an, in der Gemeinderatssitzung am Freitag einen Beschlussantrag für eine zusätzliche Station im Bereich Lerchenfelder Straße und Burggasse einzubringen. (Michael Matzenberger, 28.4.2016)