Das weltweit erste Passivhaus in Darmstadt-Kranichstein wurde 1991 von vier Familien bezogen. Die heute übliche Dreischeibenverglasung musste damals noch extra angefertigt werden.

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Das "Darmstadtium" in Darmstadt war Schauplatz der 20. Internationalen Passivhaustagung.

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Knapp 1000 Passivhaus-Experten aus Europa und vereinzelt auch aus anderen Erdteilen kamen nach Hessen. Die chinesische Delegation war mit 200 Besuchern die zweitstärkste nach der deutschen.

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An der Passivhaus-Ausstellung beteiligten sich auch einige österreichische Firmen.

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Im Oktober 1991 wurde in Kranichstein, einem Stadtteil von Darmstadt im deutschen Bundesland Hessen, ein Reihenhausblock an seine künftigen Bewohner, vier Familien, übergeben.

Es war das allererste Passivhaus, errichtet nach dem vom Bauphysik-Professor Wolfgang Feist erdachten Baustandard. Weil man die damals gültige hessische Bauordnung von 1984 beim Heizwärmebedarf um ein Vielfaches unterbieten wollte, musste man einige gewohnte Dinge ganz anders machen. Die ersten dreifach verglasten Fenster etwa, heute in Österreich und Deutschland Standard, waren eine Sonderanfertigung für Kranichstein.

Heuer ist der Bezug der Häuser 25 Jahre her. Um dieses Jubiläum gebührend zu feiern, entschied man im vom Feist geleiteten Passivhaus-Institut Darmstadt, mit der 20. Internationalen Passivhaustagung sozusagen zu Hause zu bleiben.

Und so konnte Feist in jener Stadt, in der alles begann, gleich zu Beginn der Tagung den knapp 1000 aus aller Welt angereisten Passivhausplanern, darunter 50 aus Österreich, voller Stolz berichten, dass sein damaliges Ziel – ein Heizwärmebedarf von maximal 15 kWh/m²/Jahr – immer noch erreicht wird. Dabei sei sein Vorhaben anfangs sehr kritisch beäugt worden "Wie lange wird das wohl funktionieren?", hieß es.

Bauen für Klimaziele

Es funktioniert immer noch so gut, dass der Staatssekretär im hessischen Energieministerium, Mathias Samson (Grüne), gerne die Beteiligung seines Landes bei der Entwicklung des ersten Passivhauses hervorstrich. 50 Prozent der damals noch erheblichen Mehrkosten waren vom Land Hessen gefördert worden.

Heute liegen die Mehrkosten bei wenigen Prozent, hauptsächlich wegen der Lüftungsanlage, meinte Feist. Im Gegenzug bekomme man gesündere Raumluft. Dennoch sind aktuell nur fünf Prozent aller neu gebauten Häuser in Deutschland Passivhäuser. "Das müssen in den nächsten Jahren aber fast alle werden" – um die in Paris vereinbarten Klimaziele zu erreichen.

Auch in seiner "Geburtsstadt" Darmstadt hat sich das Passivhaus noch nicht durchgesetzt, das wurde in der Pressekonferenz mit Bürgermeister Jochen Partsch klar. "Einige hundert" Passivhäuser würden zwar in der hessischen Stadt schon stehen; verpflichtender Baustandard für öffentliche Bauten sei es aber nicht. Partsch, ebenfalls ein Grüner, will sich nun dafür einsetzen.

Beispiele aus Österreich

Best-Practice-Beispiele wurden auf der Tagung präsentiert, aus Österreich etwa die Innsbrucker Passivhaus-Plus-Anlage Vögelebichl von der Neuen Heimat Tirol (die erst kürzlich in Kufstein die "einmillionste gemeinnützige Wohnung Österreichs" übergab, ebenfalls in einem Passivhaus). "Wir reden gar nicht mehr von Mehrkosten, nur noch von mehr Gewinn", berichtete Projektleiter Engelbert Spiß. "Die kontrollierte Wohnraumbelüftung bringt enorme Vorteile für die Bewohner."

Das sieht auch Feist so – und wies eine Aussage der hessischen Architektenkammer-Präsidentin Brigitte Holz, die meinte, "Schulungsbedarf beim Nutzerverhalten" zu orten, ungewöhnlich scharf zurück. Man müsse so bauen, dass es eben nicht auf das Nutzerverhalten ankomme – "hier ist Kreativität der Architekten gefragt". Er wurde dafür mit kräftigem Applaus bedacht, von einem Plenum, in dem sich zur Hälfte Architekten befanden. (Martin Putschögl, 30.4.2016)