Der frühere Vizepräsident Riek Machar ist seit Dienstag wieder zurück in seinem Amt. Ob das die Kämpfe im Südsudan eindämmen kann, ist fraglich.

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Machar (li.) und Präsident Salva Kiir (re.) bei der Angelobung.

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Juba – Die beiden Kriegsparteien im Südsudan haben sich am Donnerstagabend auf eine neue Übergangsregierung geeinigt. Dieser gehört der bisherige Präsident Salva Kiir ebenso an wie sein Rivale Riek Machar, der bereits am Dienstag als Vizepräsident angelobt worden war. Die beiden hatten seit der Unabhängigkeit im Jahr 2011 bis Mitte 2013 gemeinsam eine Regierung geführt. Ihr Streit mündete im Dezember des Jahres in einen Bürgerkrieg zwischen ihren Anhängern.

Mindestens 50.000 Menschen wurden seither bei Kämpfen getötet, die meisten davon Zivilisten. Mehr als zwei Millionen mussten fliehen. Der Machtkampf nahm bald auch ethnische Dimensionen an. Immer wieder war von schweren Menschenrechtsverbrechen, auch an Frauen und Kindern, die Rede.

Nach dem Scheitern zahlloser Vermittlungsversuche soll die neue Einheitsregierung nun zumindest etwas Stabilität bringen, hoffen die afrikanischen und internationalen Vermittler. Sicherheit gibt es dafür freilich nicht, vielmehr sprechen die Diplomaten von einer geringen Hoffnung. Immerhin handelt es sich bei den nun agierenden Personen um die gleichen, die das Land 2013 in den Abgrund führten. Die Hoffnung wurde zudem im Laufe der Woche von Meldungen über neue Kämpfe gedämpft.

Wohl auch deshalb haben die USA am Mittwoch zwar 90 Millionen Dollar an Hilfen gegen die ärgste Not im Land zugesagt, zugleich aber auch mit Sanktionen für den Fall gedroht, dass die beiden Fraktionen sich nicht an das Abkommen zur Machtteilung halten. Dabei soll es einerseits um ein Waffenembargo gehen. Immerhin gebe es im Südsudan bereits so viele Waffen, "dass sie sicher nicht noch welche brauchen", sagte der US-Sondergesandte für den Sudan und den Südsudan, Donald Booth. Möglich sind aber auch Finanzssanktionen gegen Salva Kiir und Riek Machar und gegen eine Reihe von Warlords, die aus den anhaltenden Kämpfen finanzielle Profite ziehen. Für beides drängen die USA auf die Zusammenarbeit der Nachbarländer.

Viele Kriegsverbrechen

Bisher haben sich beide Parteien als wahre Meister im Herauszögern der Friedensmaßnahmen erwiesen. Mehrfach haben sie Friedensverträge unterzeichnet, immer wieder gingen die Kämpfe fast ungehindert weiter. Auch Machars Rückkehr in die Hauptstadt Juba hatte sich vergangene Woche wegen Uneinigkeit über letzte Details um mehrere Tage verzögert. Dabei soll es auch um die Frage gegangen sein, wie viele Soldaten der Opposition zum Schutz Machars die Hauptstadt betreten dürfen. Nach offiziellen Angaben einigte man sich schließlich darauf, 3.000 Regierungssoldaten und rund 1.500 aus dem Kreis um Machar dies zu erlauben.

Unklar ist auch, ob beide Seiten ihre Truppen überhaupt unter Kontrolle haben. Vor allem im ölreichen Norden des Landes haben sich einige Kampftruppen gebildet, die auf eigene Faust Eroberungen durchgeführt haben.

Ruf nach Versöhnung

Zugleich ist es ein harter Weg zur Versöhnung in dem Vielvölkerstaat. Die Liste der teils ethnisch begründeten Vergehen, die die Kriegsparteien laut Uno begangen haben, ähnelt einer Werkschau des Hieronymus Bosch: Beide Seiten sollen Kindersoldaten eingesetzt haben. Der Krieg hat die ohnehin schlimme Hungersnot und die Verteilungskämpfe befeuert. Immer wieder gab es Berichte über Massenvergewaltigungen und Massaker, teils gezielt gegen Kinder. Auch von Kannibalismus und Verbrennungen bei lebendigem Leibe ist in den Berichten die Rede. Noch immer leben fast 200.000 Menschen in Kasernen der UN-Friedenstruppen, die für wenige tausend Soldaten ausgelegt sind. Sie hatten dort Schutz vor Kämpfen und vor Übergriffen gesucht.

Beide Seiten haben nun – zumindest in den Medien – Initiativen zur Versöhnung angekündigt. Doch das Misstrauen bleibt groß. Bereits die kommenden Tage werden zeigen, ob das fragile Abkommen zur Einheitsregierung zumindest vorerst den Kämpfen einen Riegel vorschieben kann. (Manuel Escher, 29.4.2016)