Diesem "Balthazar" fehlt ein starkes Konzept.

Foto: Sarah Haas

Wien – Robert Bressons Au hasard Balthazar ist ein trauriger Film. Schwarz-weiß, desillusionierend, sehr existenzialistisch. Der Protagonist, ein Esel, erfährt die ganze Palette dessen, wozu Menschen fähig sind, bis zu seinem stoisch ertragenen Ende. Daraus hat der Choreograf Nikolaus Adler ein Tanzstück destilliert, das zurzeit unter dem Titel Balthazar im Theater Hamakom zu sehen ist.

Der heute 42-jährige Wiener tanzte ab 1993 fast eineinhalb Jahrzehnte lang beim Ballett der Wiener Staatsoper. Er begann mit 21 zu choreografieren, aber eine wirkliche Karriere blieb ihm versagt. Vor fünf Jahren zeigte er eine nicht schlecht gelungene Arbeit unter dem Titel The Ballad of High Noon im Wuk, ebenfalls auf Basis eines Films: Fred Zinnemanns Western High Noon. Das Stück profitierte von seinen ausgezeichneten Darstellern Luke Baio, Salvatore La Ferla, Simon Mayer und Manfred Wagner.

Auch Balthazar hat einige stimmige Passagen, leidet aber an seiner Allerweltschoreografie. Die ist zwar nicht ungeschickt, kommt jedoch halbherzig modern daher und vermittelt den Eindruck, dass sich Adler seit 2011 nicht wirklich weiterentwickelt hat. Ein Jammer, denn gerade das umkämpfte Feld zwischen Ballett und zeitgenössischem Tanz fordert neben viel Talent noch mehr echten Einsatz. Nikolaus Adler hatte immerhin eine gute Idee. Doch deren Umsetzung knickt vor allem dort ein, wo es menschelt. Den sechs Tänzerinnen und Tänzern im Stück wäre der künstlerische Wärmetod erspart geblieben, hätte der Choreograf Bressons Schwarz-Weiß nicht mit Pastell- und Beige-Spielen konterkariert.

Als Konservatoriumsabschlussarbeit ginge Balthazar durch. Aber Nikolaus Adler war bei The Ballad of High Noon schon weiter. Jetzt fehlen ihm noch dazu Tänzerpersönlichkeiten wie Luke Baio oder Simon Mayer – nur der schlaksige Etienna Aweh hätte das Zeug zu mehr. Eigenartig: Dem Stück wurde eine Vorausberichterstattung zuteil wie sonst höchstens einer neuen Arbeit von Doris Uhlich oder Chris Haring. Und das, obwohl Adler absolut keine Größe der Wiener freien Tanzszene ist. Daran ändert auch Balthazar nichts. Zum Trost für die Tänzer war der Premierenapplaus beachtlich. (Helmut Ploebst, 29.4.2016)