Parteichef Werner Faymann will nicht nur über Koalitionen mit der FPÖ, sondern auch über Arbeitswelt, Wohnen, Bildung, Flüchtlings- und Integrationspolitik reden.

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Wien – SPÖ-Vorsitzender Werner Faymann hat am Samstag einer Kursänderung in punkto FPÖ eine Absage erteilt. "Ich bleibe bei meiner Haltung, ich gehe keine Koalition mit der FPÖ des Herrn Strache ein", erklärte der Bundeskanzler in einer Aussendung. Allerdings brauche es eine grundsätzliche Diskussion, die in einer "Strategiegruppe" der Partei geführt werden soll.

Einen Tag vor dem 1. Mai, dem "Hochamt der Arbeiterbewegung", räumte Faymann ein, dass "dass der Parteitagsbeschluss gegen eine Zusammenarbeit mit der FPÖ und die Realität auseinanderklaffen". Schließlich gebe es "in mehreren Gemeinden und auch im Burgenland Koalitionen mit der FPÖ" und "unterschiedliche Positionen innerhalb der SPÖ", sagte Faymann. "Das muss ausdiskutiert werden."

Nicht nur über Koalitionen reden

Dafür will er die "Strategiegruppe" einsetzen. Mitglieder dieser Gruppe sollen alle Landesparteivorsitzenden, Vertreter der Jugendorganisation, der Gewerkschaft und der SPÖ-Frauen werden. In der Gruppe soll allerdings nicht nur "die Frage der Koalitionen" erörtert werden, sie werde sich weiters mit den Themen Arbeitswelt, Wohnen, Bildung sowie "auf den gesamten Bereich der Flüchtlings- und Integrationspolitik".

Foglar: Verhältnis zu FPÖ neu definieren

Davor hatte ÖGB-Präsident Erich Foglar offen über eine Kursänderung gegenüber der FPÖ nachgedacht. Im am Sonntag erscheinenden "profil" bezeichnet er es als "notwendig", über eine Neudefinition des Verhältnisses zu reden. "Man kann die 35-Prozent-Hofer-Wähler nicht ins rechte Eck rücken", wird er in einer Aussendung des Nachrichtenmagazins vom Samstag zitiert.

Viele der Menschen, die bei der Bundespräsidentenwahl für den FPÖ-Kandidaten Hofer stimmten, seien ehemalige SPÖ-Wähler "und verstehen schon lange nicht mehr, warum ihre demokratische Entscheidung nicht akzeptiert wird". Die SPÖ müsse ihren Beschluss gegen jedwede Koalition mit der FPÖ überdenken. "Wir können nicht jede Regierungszusammenarbeit mit der FPÖ von vornherein ausschließen", sagte Foglar. Er sich im Klaren darüber, dass diese Diskussion "eine ziemliche Zerreißprobe für die SPÖ" werde.

Wiener SPÖ: "Konstruierte Spaltungsfantasien"

Eine Aussendung der Wiener SPÖ wiederum wies jedwede "Spaltungsfantasien" anlässlich des Asylthemas zurück. Schließlich sei die Leitresolution dazu am Parteitag vor zwei Wochen einstimmig beschlossen worden. Obmann Michael Häupl und Parteisekretär Georg Niedermühlbichler sehen die Partei einig und auf Kurs. "Die SPÖ Wien lässt sich nicht spalten oder auseinanderdivieren", betonten sie. "Morgen, am 1. Mai, werden wir das 'Hochamt' der Arbeiterbewegung begehen", da blicke die Sozialdemokratie zurück auf ihre Errungenschaften und voraus in die Zukunft. "Konstruierte Spaltungsfantasien sind hier und generell fehl am Platz."

Die Aussagen einiger Wiener SPÖ-Mitglieder klingen ganz anders. Gerald Bischof, Bezirksvorsteher in Liesing, hatte am Samstag in Österreich gesagt: "Reisende soll man nicht aufhalten." Die Faymann-Kritiker seien "eine kleine Minderheit", die "ein Kasperltheater auf Kosten der SPÖ aufführt".

Gemeinderätin sieht keine Mehrheit für Faymann

Damit bringt er die SPÖ-Gemeinderätin Muna Duzdar aus der Donaustadt auf die Palme. "Nein, Genosse Bischof, es ist nicht eine kleine Minderheit, die eine inhaltliche und personelle Erneuerung nach so einem Wahldebakel will", schreibt sie auf Facebook in Bezugnahme auf das schlechte Abschneiden der SPÖ bei der Bundespräsidentenwahl. "Es will eine mehr als nur große Mehrheit und wenn man dies nicht glauben mag, dann betreibt man Realitätsverweigerung." Nur die wenigsten würden Faymann weiterhin als Vorsitzenden wollen. "Hätten wir morgen Parteitag, gebe es keine Mehrheit."

Am 9. Mai wird auf Antrag der Jugendorganisationen ein Parteivorstand der SPÖ stattfinden, er wurde vom 17. Mai vorverlegt. Dabei geht es um eine Nachbesprechung des Debakels bei der Bundespräsidentenwahl. Es soll auch darüber diskutiert werden, ob der Bundesparteitag nicht erst im November sondern noch vor dem Sommer stattfinden soll. Die parteiinternen Faymann-Kritiker fordern eine Vorverlegung, um dort auch die Personalfrage zu entscheiden.

Auch die Wiener SPÖ zieht übrigens ihre Gremiensitzungen vor: Auf Montag, den 2. Mai statt wie geplant erst in drei Wochen. Dass es sich um einen vorsorglichen Schritt handle, damit die Partei gleich allfällige unschöne Szenen bei der 1.-Mai-Veranstaltung am Rathausplatz diskutieren kann, bestritt die Partei aber. Denn dass die Parteiführung am Sonntag nicht nur Applaus zu hören bekommt, ist fix, wie etwa die Sozialistische Jugend bereits angekündigt hat. (APA, red, 30.4.2016)