Stuttgart – Die AfD nimmt Kurs auf den Deutschen Bundestag und erneuert ihre Kampfansage an die etablierten Parteien: Parteichefin Frauke Petry erhob am Samstag auf dem Bundesparteitag in Stuttgart den Machtanspruch ihrer Partei. Ihr Ko-Vorsitzender Jörg Meuthen sagte, das künftige Parteiprogramm werde "weg vom links-rot-grün versifften 68er-Deutschland" führen.

Vor dem Tagungsort gab es gewaltsame Proteste, die Polizei nahm 400 Demonstranten in Gewahrsam. Die AfD wolle nicht dauerhaft "als Juniorpartner in den Parlamenten sitzen", sagte Petry unter dem Beifall der mehr als 2.000 Parteimitglieder. "Wir wollen Mehrheiten erringen, damit wir unsere Programmatik als Gegenentwurf zum politischen Establishment durchsetzen können."

Die AfD trage "als am schnellsten wachsende Partei in Deutschland eine Riesenverantwortung", sagte Petry weiter. Sie sei "das Fieberthermometer einer Gesellschaft, die die demokratische Kontroverse wieder mühsam erlernen muss". Die AfD-Chefin verwies darauf, dass die von ihrer Partei verfolgte direkte Demokratie "ein einzigartiges Alleinstellungsmerkmal" sei.

Parteivize Alexander Gauland sagte, die Erfolge der AfD würden "den etablierten Parteien inzwischen das Fürchten lehren".

Petry kritisierte in ihrer Rede den Umgang der Medien mit ihrer Partei. Für den "gebetsmühlenartigen Vorwurf des Rechtsrucks" gebe es keine Belege, sagte sie. Trotz einer "massiven Diffamierung" und "Dämonisierung" wachse der Zuspruch für die AfD.

Petrys Ko-Vorsitzender Meuthen sagte, Ziel sei, die AfD als "neue konservative Größe im Land" zu etablieren. Der Fraktionschef im baden-württembergischen Landtag betonte die Geschlossenheit der Parteispitze und nannte explizit auch den als Rechtsaußen geltenden Thüringer Landeschef Björn Höcke: "Wir stehen zu dem breiten Meinungsspektrum, das es in unserer Partei gibt."

Das erste Parteiprogramm, das am Sonntag beschlossen werden soll, solle auch Ausdruck eines "gesunden Patriotismus" sein. Die AfD wolle zudem einen "schlanken Staat, der Sozialpolitik nicht mit der Gießkanne für alle und jeden betreibt", sagte Meuthen.

Die AfD will in dem Programm einen Anti-Islam-Kurs festschreiben, der Islam soll als unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt werden. Weitere Schwerpunkte sind die Forderung nach einem Ausstieg aus dem Euro, ein Plädoyer für die traditionelle Familie, der Ruf nach mehr direkter Demokratie und das Festhalten an der Atomenergie. Zu dem Leitantrag des Vorstands liegen mehrere hundert Änderungsanträge vor, die zum Teil deutlich schärfere Positionen enthalten.

Die AfD ist nach ihren Erfolgen in den Ländern, wo sie inzwischen in acht Parlamenten vertreten ist, auch auf Bundesebene im Aufwind. Anderthalb Jahre vor der Bundestagswahl liegt sie in Umfragen zwischen zwölf und 14 Prozent.

Der AfD-Europaabgeordnete Marcus Pretzell kündigte auf dem Parteitag an, er wechsele nach seinem Rauswurf aus der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) im EU-Parlament in das Lager um die Chefin der rechtsextremen Front National, Marine Le Pen.

Am Samstagvormittag versuchten teils vermummte Demonstranten, die Zufahrtswege zu dem am Stuttgarter Flughafen gelegenen Tagungsort zu blockieren. Die Beamten setzten nach Polizeiangaben Pfefferspray ein, außerdem wurde der Einsatz von Wasserwerfern angedroht. Die Demonstranten setzten den Angaben zufolge Reifen in Brand und warfen Feuerwerkskörper. Eine Demonstration in der Stuttgarter Innenstadt, an der sich laut Polizei 1.800 Menschen beteiligten, blieb friedlich. (APA, 30.4.2016)