Sexuelle Gewalt ist eines der schlimmsten Dinge, die ein Mensch erleiden kann. Sie hat weitgreifende Folgen für das Opfer, aber auch für sein Umfeld, und in vielen Fällen prägen diese Stunden oder nur Minuten das gesamte weitere Leben. Sie geht weit über den Wirkungsbereich rein körperlicher Gewalt hinaus. Ein solcher Übergriff ist einer an Körper und Seele.

Lächerliche Strafrahmen oder gar Freisprüche sind übrigens eine weitere Schädigung des Opfers. Eine Schädigung, die man oft in Kauf nimmt, weil man den Rechtsstaat nicht beschädigen will: Der Mangel an Beweisen, der in Fällen sexueller Gewalt oft vorliegt, da selten Zeugen zugegen sind, lässt sich nicht einfach wegignorieren. Aber man kann durchaus einen gesetzlichen Rahmen dafür bieten, dass ein stilles Erstarren eine mögliche Reaktion auf dasselbe Geschehen ist wie auch ein aktives Wehren. Dass also eine solche Erstarrung keine juristische Mitverantwortung an dem Übergriff nach sich ziehen darf, dass man jenem Opfer, das vor Entsetzen nicht fähig dazu war, zu schreien, keinesfalls eine Zustimmung zum Geschehen unterjubelt.

Täter sind – unabhängig von Herkunft, sozialem Status und Einkommensklasse – als das zu behandeln, was sie sind: Verbrecher, deren Taten man entsprechend ernsthaft ahnden sollte, auch in Hinsicht auf Langzeitfolgen und Zukunftsprognosen. Wer keinen Respekt vor seinem Opfer hatte, wird ihn oft genug auch nicht vor der Gesellschaft haben. (Julya Rabinowich, 1.5.2016)