Beinahe ein Säugetier, aber doch nicht ganz: Die Tritylodontidae lebten auf dem uns nächsten Zweig des evolutionären Stammbaums.

Illustration: Seishi Yamamoto/Hiroshige Matsuoka

Kyoto – Im Stammbaum des Lebens wären sie so etwas wie unsere Urgroßonkel und -tanten: Die Tritylodontidae zählen nicht zu unseren direkten Vorfahren, waren aber unmittelbar mit diesen verwandt. Und sie überlebten bedeutend länger, als man bisher gedacht hatte, wie eine neue Studie aus Japan zeigt.

Bereits im Karbon hatten sich aus einer Gruppe amphibisch lebender Tiere zwei voneinander getrennte evolutionäre Linien entwickelt: Die eine, die Sauropsiden, führte zu Reptilien und Vögeln. Die andere, die Synapsiden, zu einer ganzen Reihe von Gruppen, die früher als "säugetierähnliche Reptilien" bezeichnet wurden. Die meisten von diesen verschwanden spätestens beim globalen Massenaussterben vor 252 Millionen Jahren. Abgesehen von den direkten Säugetiervorfahren selbst hielten nur wenige bis ins Zeitalter des Jura durch.

Überraschend lange Koexistenz

Im Jura verdrängten dann die Ursäugetiere ihre nächsten Verwandten endgültig, so die bisherige Meinung. Ein Fund aus dem japanischen Kuwajima relativiert dies nun: Forscher um Hiroshige Matsuoka von der Universität Kyoto fanden Zähne einer bislang unbekannten Spezies von Tritylodontidae.

Die Fundstätte stammt aus der frühen Kreidezeit, die Tritylodontidae überlebten laut den Forschern also mindestens 30 Millionen Jahre länger als bisher gedacht. Und der Fund legt nahe, dass diese Beinahe-Säugetiere über Millionen Jahre hinweg neben den eigentlichen frühen Säugetieren lebten. Aus der Fundstätte hat man bisher unter anderem die Fossilien von Schildkröten, Dinosauriern, Eidechsen und eben auch frühen Säugetieren geborgen.

Nagetier-ähnliche Lebensweise

Laut Matsuoka dürften Tritylodontidae und Ursäugetiere unterschiedliche ökologische Nischen besetzt haben, anders hätten sie nicht so lange nebeneinander existieren können. Als gesichert gilt, dass die Tritylodontidae Pflanzenfresser waren. Sie hatten eine einzigartige Gebissanordnung mit Zähnen, die einander überkreuzten. Eckzähne hatten sie nicht, die vorderen Schneidezähne waren aber vergrößert und dürften die gleiche Funktion wie die Nagezähne eines heutigen Nagetiers ausgeübt haben.

Alles in allem waren sie extrem säugetierähnlich und vermutlich auch "warmblütig". Ein kleiner, aber entscheidender Unterschied lag im Schädelbereich: Ein Knochen, der Os articulare, gehört hier noch wie bei Reptilien zum Kiefergelenk. Bei Säugetieren hat er sich zu einem Gehörknöchelchen entwickelt und zum besseren Hörvermögen der Säugetiere beigetragen. (red, 3. 5. 2016)