Ein schwaches Herz pumpt zu wenig Blut durch unseren Körper. Die Folge: Atemnot, Leistungsabfall und schlechte Lebensqualität.

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Ist unser Herz erschöpft, pumpt es weniger Blut durch den Körper. Herzinsuffizienz oder Herzschwäche wird diese Krankheit genannt. Die Folge sind Atemnot, Leistungsabfall, schlechte Lebensqualität und nach und nach brechen die Funktionen aller Organe zusammen. Ohne angemessene Behandlung sterben 50 bis 80 Prozent der Patienten innerhalb von fünf Jahren nach ihrer Diagnosestellung. Die Herzschwäche ist demnach gefährlicher als viele Krebsarten.

An einer Herzschwäche leiden ein bis zwei Prozent der Österreicher, also etwa zwischen 70.000 und 140.000 Menschen. Die Dunkelziffer der Erkrankten ist aber wesentlich höher, da viele ihre Symptome als "normale" Alterserscheinungen abtun. Es gibt zwei Arten der Herzschwäche. "Männer leiden häufiger an einer Form, bei der das Herz schwächer pumpt, Frauen sind häufiger von einem steifen Herz betroffen, bei der sich der Herzmuskel nicht mehr entspannen kann", erklärt Deddo Mörtl, Leiter der AG Herzinsuffizienz der Österreichischen Kardiologischen Gesellschaft. Ein schwach pumpendes Herz sei sehr gut behandelbar, sagt Mörtl, bei der Form des steifen Herzens, habe man bisher noch keine Therapie gefunden, die helfen könne.

"In den letzten 30 Jahren hat sich die Anzahl der Spitalsaufnahmen aufgrund einer Herzinsuffizienz verdreifacht", sagt Mörtl. Er fordert daher fächerübergreifende, so genannte Disease-Managementprogramme, die es bisher nur vereinzelt in Österreich gibt. "Internationale Studien zeigen, dass man für die effiziente Behandlung der Herzinsuffizienz eine besonders engmaschige Betreuung braucht", sagt Mörtl. Diese könne mit dem flächendeckenden Einsatz dieser Managementprogramme gewährleistet werden.

Gängiger Irrtum

Neben Medikamenten und in den Körper eingesetzten Geräten, wie etwa einem implantierten Defibrillator, ist Bewegung ein wesentliche Therapieform. "Viele Patienten denken, dass körperliche Belastung bei einer Herzinsuffizienz schädlich sein könnte", sagt Mörtl. Dem sei jedoch nicht so, ganz im Gegenteil: Körperliches Training erhöht die Leistungsfähigkeit und verbessert die Lebensqualität der Patienten.

Wie effizient regelmäßige Bewegung ist, zeigt eine Langzeitstudie mit 21.000 Teilnehmern. Bereits mit einer bis drei Trainingseinheiten im Monat konnte bei den Teilnehmern das Risiko an einer Herzschwäche zu erkranken, um 23 Prozent reduziert werden, mit fünf bis sieben sportlichen Einheiten pro Woche sogar um 38 Prozent. Dieser Effekt trat bei allen Teilnehmern ein, unabhängig von ihrem Body-Mass-Index.

"In allen Studien zeigte sich, dass maßgeschneidertes Training nicht nur kein zusätzliches Risiko bringt, sondern – ganz im Gegenteil – zu einer Verringerung weiterer Komplikationen und Krankenhausaufenthalte führt. Lediglich Patienten mit einer sehr schwer ausgeprägten Herzschwäche – von Medizinern als Klasse IV-Patienten bezeichnet – sollten körperliches Training erst nach entsprechender Stabilisierung durchführen", bestätigt auch Johann Altenberger, Leiter des Rehabilitationszentrums Großgmain. Betroffenen wird Spazierengehen, Wandern, Nordic Walking oder Radfahren empfohlen. Vermeiden sollte man Fußball, Volleyball, und Krafttraining, wie etwa Liegestütze und Kniebeugen, da es dabei zu einer Press-Atmung kommen kann.

Appelle gehen ins Leere

Wer sich schon in jungen Jahren viel bewegt, minimiert zudem das Risiko überhaupt an einer Herzinsuffizienz zu erkranken. Zu den Risikofaktoren zählen Bluthochdruck, erhöhte Blutfette, Diabetes, Fettleibigkeit und eine koronare Herzkrankheit.

Seine Patienten zu mehr Bewegung zu animieren, sagt Mörtl, falle jedoch zunehmend schwerer. "Viele unserer Appelle gehen ins Leere, noch so gut gemeinte Trainingsprogramme haben oft keine nachhaltige Wirkung." Betroffene müssten dafür ihren ganzen Lebensstil ändern und nicht mehr nur auf dem Sofa liegen.

Deshalb wolle man in einem neuen Ansatz den Patienten nun die Sportarten ihrer Jugend wieder zugänglich machen. In einem ersten Projekt soll dafür ein Gehfußballspiel organisiert werden. Die Regeln sind dabei wie beim normalen Fußball, mit einer Ausnahme: Laufen ist strengstens verboten. "Für die Herzgesundheit ist das ideal. Ein Spiel, das körperlich fordert, aber nicht überfordert und bei dem alle Hobby-Kicker ihren Teamgeist und ihre taktische Erfahrung bis ins hohe Alter einbringen können", sagt Mörtl.

Ein Leben ohne Scham

Auch der Österreichische Herzverband bietet seinen Mitgliedern weiterführendes Training nach einem Spitalsaufenthalt oder einer Reha. "Die Menschen vernachlässigen dann ihre Medikamente und setzen ihr Leben fort, als wäre nichts geschehen", sagt Franz Fink, früher selbst Betroffener und heute Präsident des Niederösterreichischen Herzverbandes in Mödling. Zu den Angeboten gehören Koronarturnen unter der Anleitung von Physiotherapeuten, Qi Gong, Wanderungen, Nordic-Walking-Touren und Radfahrten.

"Neben dem Bewegungstraining ist für die Mitglieder vor allem die Möglichkeit zum Gedanken- und Erfahrungsaustausch mit anderen Betroffenen wichtig", sagt Fink. Im Kreis Gleichgesinnter fällt es leichter, mit der Krankheit umzugehen und sich den neuen Lebensrealitäten ohne Scham zu stellen. (Bernadette Redl, 6.5.2016)